Historie

650 Jahre Bäcker-Innung Alfeld

Aus der Geschichte eines Handwerks von 1333 bis 1983
Eine kleine Bäcker-Innung feiert ein großes Fest: die Bäcker-Innung Alfeld begeht in der letzten Aprilwoche dieses Jahres ihr 650jähriges Bestehen. In die Feierlichkeiten sind auch folgende Gemeinden bzw. Ortschaften einbezogen: Adenstedt, Almstedt, Breinum, Capellenhagen, Duingen, Föhrste, Freden, Gerzen, Graste, Harbarnsen, Hörsum, Imsen, Lamspringe, Langenholzen, Limmer, Sehlem, Warzen und Woltershausen. Denn sie alle gehören der Innung Alfeld an.

Gruppenaufnahme der Alfelder Bäcker-Innung im Jubiläumsjahr 1983

Und so kam die lange Geschichte der Alfelder Bäcker-Innung ans Tageslicht: Im Jahre 1927 wurde vom damaligen Pastor Dr. Graff die Chronik des Kreises Alfeld geschrieben. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm die allererste Urkunde über die Entstehung der Bäcker­Innung Alfeld in die Hände; sie stammte aus dem Jahre 1333. In ihr wurde bestätigt, dass der fürstbischöfliche Landesherr in Hildesheim die Alfelder Bäcker am Himmelfahrtstage des Jahres 1333 offiziell als „Gilde“ zugelassen hatte.
Für die Bäcker-Innung war dies eine frohe Kunde. Konnte sie sich doch ausrechnen, dass es sechs Jahre nach der „Entdeckung“ durch Pastor Dr. Graff, nämlich im Jahre 1933, etwas zu feiern galt – das 600jährige Bestehen der Bäcker-Innung Alfeld. Nie zuvor hatten die Alfelder Bäcker ein Innungsjubiläum begehen können, weil sie über ihre Entstehungsgeschichte noch nie etwas Genaues erfahren hatten.
Nunmehr im Besitz ihrer „Geburtsurkunde“, beschloss die Bäcker-Innung Alfeld unter ihrem damaligen Obermeister Otto, die 600-Jahr-Feier gründlich vorzubereiten. Im Jahre 1929 wurde ein Festfonds gegründet, in den jedes Mitglied pro Jahr einen Betrag von vier Mark einzuzahlen hatte. Als Festtage wurden der 27. und 28. Mai 1933 festgelegt, zugleich verbunden mit dem 13. Bezirkstag des Bezirksverbandes Hildesheim.

Über das großartige Fest selbst soll später berichtet werden, und so greifen wir erst einmal weit zurück auf das Gründungsjahr 1333.
1333 – das war die Periode des ausgehenden Mittelalters. Im mittelalterlichen Städtewesen hatten die Zünfte und Gilden (die Vorläufer der späteren Innungen) eine große Rolle gespielt. So auch in Alfeld, das bereits im Jahre 1258 als Stadt ausgewiesen ist.
Zu jener Zeit hatten in Alfeld vorwiegend zwei Stände das Sagen. Da war einmal der Patrizierstand, der sich aus Kaufleuten zusammensetzte (Tuch-, Leinen- und Garnhandel). Allein die Kaufleute gehörten zum sogenannten ratsfähigen Geschlecht.
Zum anderen bestimmten Handwerker das Städtebild, so zum Beispiel die Knochenhauer, Schmiede, Schneider, Schuhmacher, Gewandschneider, Kramer und nicht zuletzt die Bäcker. Diese Handwerkszweige waren in Zünften oder Gilden organisiert. Ein im Jahre 1668 gemaltes Wappenfenster der Elisabeth-Kapelle zeigte auch das Wappen der Bäcker.
Wie auch andere Zünfte und Gilden, stellte die Bäckergilde eine Art Selbstverwaltung dar und war mit zahlreichen Vollmachten ausgestattet. Die Bäckergilde sorgte für die Einhaltung der sie betreffenden Verordnungen, strafte den Bruch der Vorschriften, bestimmte die Ausbildung der Lehrlinge, die Stellung der Gesellen, schlichtete Streitigkeiten, erwarb Grundstücke, übernahm Leistungen für die Verteidigung der Stadt und bildete eine gesonderte Abteilung im städtischen Aufgebot. Das heißt, die Bäckergilde erfüllte einen erheblichen Teil der öffentlichen Aufgaben.
Neben der selbstverständlichen Aufgabe, die Stadtbevölkerung mit Brot zu versorgen, oblag ihr auch, zusammen mit anderen Ständen und Gilden, die Verteidigung der Stadt in Kriegsgefahr und bei sonstigen Fehden. Die Bäcker gehörten zum sogenannten „Grünen Regiment“, das den ihm zugeteilten Abschnitt von Mauer und Umwallung zu erhalten und zu verteidigen hatte. Alfeld gehörte damals als bedeutende Stadt zum Braunschweiger Quartier des Hansabundes.
Übrigens war es für jedes Handwerk und ebenso für jeden Handwerker eine Ehre, als Gilde anerkannt bzw. in die Gilde aufgenommen zu werden. Eine städtische Urkunde (Satzung) aus dem Jahre 1456 bestimmte, dass nur solche Handwerksgenossen in die Gilde aufgenommen werden durften,
„die vrig, von vromen dudeschen luden geboren“, also frei und von christlichen und deutschstämmigen Eltern geboren waren. Dies alles musste ein Bäcker beschwören, bevor er in die Gilde aufgenommen wurde.
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurden die Statuten erweitert. Von da ab herrschte Zunftzwang. Das heißt, der selbständige Betrieb eines Gewerbes war nur den in die Gilde aufgenommenen Meistern gestattet. Sie mussten die „Zunftehre“ besitzen, heute würden wir sagen: den Befähigungsnachweis.
Der Ausbildungsgang im Bäckerhandwerk wurde noch verfeinert. So ist es für uns heute interessant, dass bereits vor fast 400 Jahren zum Meisterstück das Backen des beliebten Krengels gehörte, der auch bei den Gildemahlzeiten eine Rolle spielte. Alle Angelegenheiten der Gilde wurden in der terminmäßig feststehenden „Morgensprache“ – heute würden wir sagen: Generalversammlung – im Gildehaus unter den Gildemeistern, unter Hinzuziehung von zwei Ratsmitgliedern, geregelt.
Die Bäckergilde Alfeld übte das ausschließliche Gewerberecht gegenüber den ihr nicht angehörigen Handwerkern, den sogenannten Pfuschern, aus. Noch 300 Jahre nach der Gründung der Bäckergilde bestimmte sie die Zahl der Gesellen und Lehrlinge jedes Gildemeisters, und sie setzte ebenso die Gesellenlöhne wie die Preistaxen fest. Dabei richtete sich der Brot­ preis nach dem des Kornes.
Die Gildeorgane verstanden sich auch als Gewerbepolizei. So verhüteten sie, so gut es möglich war, den unlauteren Wettbewerb und straften jeden ab, ob nun Gildemitglied oder nicht, der gegen die Anordnungen verstieß.
Dies änderte sich schlagartig, als – viel, viel später – Napoleon Europa beherrschte und als Protektor der westdeutschen Fürsten mittelbar auf die Bäckergilden Druck
ausübte. Napoleon ließ durch sie anordnen, wieviel Brot ein Bäcker pro Kopf der Bevölkerung in einem be­ stimmten Zeitabschnitt backen durfte. Ebenso ließ Napoleon die Preise aufs genaueste festsetzen. Verbrieft ist, dass zur napoleonischen Zeit die Zünfte und Gilden stark verkümmerten und teils sogar ganz zum Erliegen kamen. Erst die Befreiungskriege (1813-1815) gaben dem Handwerk allgemein wieder Auftrieb.
Nach diesem zeitlichen Vorgriff wieder zurück zu den Anfängen. Gemeint ist das 14. und 15. Jahr­ hundert. Die Zünfte und Gilden standen im ständigen Streit mit den ratsfähigen Geschlechtern, den Patriziern. Für die Pflichten und Abgaben, die sie zu leisten hatten, forderten sie nun auch entsprechende Rechte (Privilegien).
Es kam zu regelrechten Kämpfen, die nicht ohne Blutvergießen ende­ ten. Schließlich, so um die Mitte des 15. Jahrhunderts, also rund 100 Jahre nach der Anerkennung der Handwerker als Gilde, wurde das organisierte Handwerk am „Stadtregiment“ beteiligt. Dies galt aber nur für die Gildemeister. Ihnen wurde im Jahre 1481 im Rat der Stadt Alfeld ein besonderer Ständestuhl beigeordnet. Künftig durfte niemand zum Gildemeister gewählt werden, der nicht mindestens fünf Jahre lang als Bürger an­ sässig gewesen war.
Dennoch lagen die bevorrechteten Stände in ständigem Streit mit den Zünften und Gilden. Da ging es zum Beispiel um die Barabgaben, welche die Gilden an den Rat der Stadt zu leisten hatten. Da gab es regelmäßige und einmalige Abgaben. Als regelmäßige Abgabe zahlten die Bäcker eine Erbpacht für die Benutzung der Scharren, also der offenen Verkaufsstände, die ihnen vom Rat der Stadt überlassen waren.
Bäckerläden im heutigen Sinne gab es da noch nicht. Die Bäcker verkauften ihr Brot ab Backstube und vorwiegend von den Brotscharren auf offenen Plätzen. Wie nachzulesen ist, bestanden diese Brotscharren noch bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts. So musste die Bäckergilde im Jahre 1808 für die Benutzung des Brotscharrens 15 Groschen bezahlen. Im Jahre 1846 wurden diese Scharren beim großen Brand in Alfeld ein Opfer der Flammen.
Zum Streit mit der Behörde kamen die Rangstreitigkeiten zwischen den einzelnen Zünften und Gilden hinzu. Häufig dünkte sich eine Gil­ de vornehmer als die andere. Dabei taten sich besonders die Gewandschneider hervor. Sie lehnten sich an die Kaufmannschaft an, weil sie Tuche einführten und verkauften.
Die Alfelder Bäckergilde wachte eifrig und oft übereifrig darüber, dass ihr keine andere Zunft oder Gilde querkam. Nachstehend einige Auszüge aus Urkunden und sonstigen Schriftstücken, die dies belegen:
Am 21. September 1693 hatte sich der Rat der Stadt mit einer Beschwerde der Bäckergilde zu befassen. Danach haben Hopfenfahrer Brot von Nordhausen nach Alfeld mit hereingebracht. Dies widersprach den Gilderechten und dem Schutzversprechen der Stadt. Bürgermeister und Rat beschlossen, den Hopfenfahrern das Brot abzunehmen und sie obendrein zu bestrafen. Es wurde an allen Toren verboten, solches Brot hereinzulassen. Es wurden forthin Wachen aufgestellt, die den Befehl hatten, im Übertretungsfalle das Brot den Zuwiderhandelnden abzunehmen und es an die Armen der Stadt zu verteilen.
Aus einer weiteren Beschwerde geht hervor, dass die Bäcker das Recht des Mehlverkaufs für sich in Anspruch nahmen. Die Gilde beschwerte sich nämlich darüber, „dass hin und wieder von Bürgern Mehl zu ihrer größten Beschwerde und Schaden verkauft werde“, welches kontributionsfrei hereingebracht werde. Daraufhin wurden Ratsdiener und der Marktvogt be­ auftragt, unrechtmäßig zum Verkauf angebotenes Mehl zu beschlagnahmen und Anzeige zu erstatten.
Wesentlich später, im Jahre 1794, gab es neuen Ärger um den Mehl­ verkauf. Diesmal waren es Bürger der Stadt Alfeld, die in einer Beschwerde an die Regierung in Hildesheim geltend machten, dass der Mehlkleinverkauf zur allgemeinen bürgerlichen Nahrung gehöre und die Bäcker das Alleinrecht des Verkaufs zu Unrecht für sich in Anspruch nähmen. Die Regierung gab der Beschwerde statt, und die Bäcker hatten das Nachsehen.
Es gab aber auch Streitigkeiten innerhalb der Bäckergilde Alfeld und mit Bäckergilden benachbarter Städte.
So liegen aus den Jahren 1775 bis 1790 verschiedene Beschwerden der Alfelder Bäckergilde beim Magistrat vor, wonach sich in der Stadt Bäcker niederließen, ohne Meister der Gilde geworden zu sein und Mitgliedsgebühren bezahlt zu haben. Die Vernehmungen in dieser Angelegenheit ließen den Schluss zu, dass die Alfelder Bäckergilde bestrebt war, den Eintritt neuer Meister zu erschweren. Jeder neu hinzukommende Bäcker wurde als unerwünschter Konkurrent angesehen.
Ganz besonders hart scheint der Kampf zwischen der Gilde und einem nicht der Organisation angehörenden Bäcker namens Christian Günther gewesen zu sein. Die Gilde belegte Bäcker Günther mit folgenden Strafen:
Wegen unbefugten Bauens eines Ofens und Backens 3 Tlr.; wegen Ausstehens auf dem Markt 2 Tlr.; wegen Beschimpfung der Gilde 5 Tlr.; weil er sich als „Meister“ von der Kanzel aufbieten ließ 2 Tlr.; nochmals wegen Sehimpfens auf die Gilde 1 Tlr.; wegen nochmaligen Marktstehens 2 Tlr. Schließlich erreichte Bäcker Günther doch noch seine Aufnahme in die Gilde, und zwar gegen eine Gebühr von 10 Tlr.
Die Kosten für Getränke bei der Gildezusammenkunft betrugen 1 Tlr. 16 Gr., die Günther ebenfalls zu tragen hatte. Insgesamt wurde Günther durch dies alles zusammen über 34 Tlr. los – für die damalige Zeit ein kleines Vermögen. Bäcker konnten schon damals hartnäckig sein, wenn es um ihr Standesbewusstsein ging.
In den Jahren 1775 bis 1795 hagelte es an Beschwerden gegen die Bäckergilde Alfeld. Dafür zwei Beispiele:
Dem Magistrat der Stadt Alfeld lag eine Beschwerde der Gandersheimer Bäckergilde vor. Danach haben Alfelder Bäcker auf ihrem Markt drei Gandersheimer Bäckern „wider alles Recht die Backwaren weggenommen, obwohl die Alfelder Bäcker auf dem Gandersheimer Markt unbehelligt geblieben sind“. Die Regierung in Hildesheim entschied gegen die Alfelder und ordnete Zurückgabe des Brotes und Leistung von Schadenersatz an.
Im Jahre 1795 lag der fürstlichen Regierung in Hildesheim eine Beschwerde der Lamspringer Bäcker gegen die Alfelder Gilde vor. Die Lamspringer brachten vor, dass die Alfelder Bäcker den zum Alfelder Jahrmarkt eingetroffenen Lamspringern Weißbrot, Tragekörbe und Laken fortgenommen hatten, obwohl gegenseitiger Besuch der Märkte durch fürstlichen Erlass zu­ gestanden worden sei. Und die Polizei sei nicht eingeschritten. Der Alfelder Magistrat bekam darauf­ hin einen Rüffel und die Auflage, auswärtige Marktbäcker in Zukunft zu schützen. Die Alfelder Bäckergilde aber musste den Lamspringern Schadenersatz leisten und die beschlagnahmten Dinge zurückgeben. Die Alfelder Gilde musste 6 Tlr. 28 Gr. und 4 Pfg. blechen.
Die westfälische Herrschaft (1807-1813) brachte die Gewerbefreiheit und mit ihr eine vollständige Zerrüttung der Handwerksorganisationen. Vorbei war die Blütezeit des Handwerks und der Gilden während der vergangenen vier Jahrhunderte. Im Jahre 1809 löste sich die Alfelder Bäckergilde auf, in schierer Kopflosigkeit. Sie verkaufte ihr Gildehaus (für 300 Taler) und verschleuderte ihren Garten zum Unterpreis.
Auf der letzten Gildeversammlung anno 1809 wurden über 24 Taler ,,vervespert“, man kann auch sagen: verprasst. Zwei Jahre später war dann der erhebliche Rest des Gildevermögens verschwunden, spurlos, und keiner wusste wohin.
Doch nach dem Tief kam wenige Jahre später wieder ein Hoch, nur sehr zögernd zunächst. Das Signal dazu kam von den Befreiungskriegen 1813-1815, die Europa von der Herrschaft Napoleons befreiten.
Bis zum Jahre 1820 stabilisierte sich auch wieder die Bäckergilde Alfeld. Sie musste sich ganz von neuem aufbauen. Sogar ein eigener Garten wurde wieder angeschafft, zum Preis von 240 Talern. Wie schon zuvor, wurde der Garten teils von Gildemeistern angemietet, um darauf Brotgetreide anzubauen, teils wurde er an Bürger der Stadt verpachtet.
Es gab auch wieder genaue Vorschriften, so zum Beispiel, was ein Jungmeister für sein Meisterstück backen musste, unter genauer Einhaltung des Gewichtes.
Die Alfelder Bäcker standen unter behördlicher Kontrolle hinsichtlich der Qualität und des Gewichtes der Backwaren.
Im Jahre 1831 beschwerten sich die Alfelder Bäcker über den Kollegen Engelbrecht aus Gerzen, der in Alfeld in großen Mengen Schwarzbrot zu außergewöhnlich billigem Preis verkaufte. Eine von der Hildesheimer Regierung angeordnete Überprüfung ergab, dass Engelbrecht dem Schwarzbrot Gerstenschlamm zugesetzt hatte, dass er von einem Graupenmüller billig erworben hatte. So erklärte sich der billige Brotpreis.

Mit der Gründung des sog. Norddeutschen Bundes im Jahre 1866 verloren die Gilden wieder an Bedeutung. Schuld daran war in der Hauptsache eine neue Gewerbeordnung, die dem Handwerk neue Maßstäbe setzte. Durch eine Novelle der Gewerbeordnung wurden die schon bestehenden Handwerkskammern als amtliche Interessenvertretung des Handwerks anerkannt. Klare Verhältnisse wurden aber erst mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 geschaffen.

Mit der Gründung des Centralverbandes Deutscher Bäckerinnungen „Germania“ im Jahre 1874 begann ein neues Kapitel für die Bäcker im ganzen Deutschen Reich. Es gab nun mit „Germania“ eine für alle Bäcker-Innungen – so wurden die vormaligen Gilden nun benannt – verbindliche Zentrale. Der „Germania“-Verband wurde in Bezirksverbände unterteilt, die im späteren Verlauf den Landesinnungs­Verbänden unterstellt wurden. Auf diese Weise entwickelte sich das deutsche Bäckerhandwerk zum bestorganisierten Handwerksverband und ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.
Von der Bäcker-Innung Alfeld ist erst seit dem Jahre 1890 Genaueres und Näheres zu erfahren. Denn seit diesem Jahre gibt es Protokollbücher der Innung Alfeld, die bis auf den heutigen Tag fortlaufend geführt wurden. Sie geben Auskunft über die Entwicklung, über die veranstalteten Innungsversammlungen und Vorstandssitzungen und über die Teilnahme an überörtlichen Veranstaltungen.
Zunächst ist über die genaue Mitgliederzahl der Bäcker-Innung Alfeld anhand der Protokollbücher wenig zu erfahren. Jedoch geht aus den Berichten hervor, dass zu den Innungsversammlungen kaum mehr als ein Dutzend Mitglieder jeweils erschienen.

Der erste Obermeister der 1890 neu erstandenen Bäcker-Innung Alfeld hieß Steinhoff, der Schriftführer war Ditzell. Zum ersten Vorstand gehörten ferner die Kollegen Bartels, Stockfleth und Steinhoff.
Wie die Sitzungsprotokolle der Jahre 1890 bis zur Jahrhundertwende und noch darüber hinaus ausweisen, wurden immer mehr neue Meister in die Innung aufgenommen. Protokoll wurde auch geführt über die einzuschreibenden Lehrlinge. Schon damals war es ein besonderes Anliegen der Bäcker-Innung Alfeld, einen guten Nachwuchs auszubilden. Um die Jahrhundertwende wurde in Alfeld eine Fortbildungsschule eingerichtet, die von den Lehrlingen besucht wurde. Es konstituierte sich zur selben Zeit auch ein Prüfungsausschuss für die Gesellenprüfungen.
Eine kleine Episode soll hier am Rande aus dem Protokollbuch des Jahres 1892 wiedergegeben werden:
Beim Bäckermeister C. Ditzell (damals Innungs-Schriftführer) erschien der Gendarm Baldamus, um das Brot abzuwiegen. Ditzell hatte dies verweigert mit der Begründung, dass das Brot ihm gehöre. Wenn der Gendarm das Brot wiegen wolle, müsste er selbiges kaufen. Die Innungsversammlung vom 27. 11. 1892 beschloss, Ditzell solle die Sache weiter ausfechten, die daraus entstehenden Kosten werde die Bäcker-Innung tragen.
Mit diesem Akt bezeugte die Innung ihre Solidarität mit ihren Mitgliedern und dokumentierte zugleich, dass sie sich Eingriffe oder Übergriffe behördlicherseits nicht so ohne weiteres gefallen lasse. Die Angelegenheit mit dem Gendarmen scheint übrigens im Sande verlaufen zu sein, denn in darauffolgenden Protokollen der Innung ist davon keine Rede mehr.
Im Verlaufe der folgenden Jahre, etwa von 1911 bis Kriegsbeginn 1914, bekam die Bäcker-Innung Alfeld immer stärkeren Zulauf und war auf 45 Mitglieder angewachsen. Zum gleichen Zeitpunkt umfasst der Bezirksverband „Nordwest“, dem die Innung Alfeld zugehört, nicht weniger als 4936 Mitglieder in insgesamt 119 Innungen. Der Centralverband Deutscher Bäcker-Innungen „Germania“ gibt folgenden Mitgliederbestand bekannt: 54 629 Meister in 1119 Innungen mit 42 237 Gesellen und 26 530 Lehrlingen.
Im Laufe der folgenden Jahre bis zum Kriegsbeginn 1914 geben die Innungs-Protokolle nicht viel her. Es ist viel die Rede von Aufnahmegebühren (Meister) und Einschreibgebühren (Lehrlinge).
Sonstige Beschlüsse: Verpachtung des Innungsgartens; Bewilligung einer Anerkennungsprämie in Höhe von 8 bis 10 Mark für die bei den Prüfungen am besten abschneidenden Lehrlingen (später, im Jahre 1929, wird diese Belohnung per Beschluss wieder abgeschafft.)
1909 wurde beschlossen, erkrankten Gesellen und Lehrlingen, die „Germania“-Papiere haben, eine Unterstützung aus der Innungskrankenkasse zu zahlen.
Es gibt einen Beschluss zur Gründung einer Hefebezugs-Vereinigung, um durch den gemeinsamen Hefebezug in den Genuss der entsprechenden Rabatte zu kommen.
In einer Innungsversammlung am 14. Januar 1912 wird vom damaligen Obermeister Thiesemann die Frage aufgeworfen, ob man sich in eine Zwangsinnung umwandeln wolle. Da sich jedoch alle Mitglieder dagegen aussprachen, wurde dieser Tagesordnungspunkt fallengelassen. Die Umwandlung in eine Zwangsinnung erfolgt erst viel später, nach dem Weltkrieg, nämlich im Jahre 1923. Das Hauptargument für diesen Schritt war, dass die der Innung noch fernstehenden Kollegen zur Preisdisziplin gezwungen werden.
In der Innungs-Versammlung vom 19. Januar 1913 wird der Beschluss gefasst, die in Alfeld gedruckte Bäcker-Zeitung (1909 gegründet) als Innungsorgan zu nehmen. Für die dafür entstehenden Kosten wird ein Beitrag von 4 Mark erhoben.
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges im Jahre 1914 bringt auch fürs Bäckerhandwerk einschneidende Veränderungen. Wie überall, wird auch die Innung Alfeld mit einer Flut von Verordnungen und Bestimmungen eingedeckt. Etliche Meister und Gesellen werden zum Kriegsdienst eingezogen; es gelingt, für einige eine Zurückstellung zu erreichen. Für die Lehrlinge im letzten Jahr werden Notprüfungen angesetzt.
Es kommt zu einer drastischen Verknappung und zugleich Verteuerung von Mehl. Die Brotversorgung der Bevölkerung wird in allen Kriegsjahren zum Thema Nr. 1. In den immer noch aufrecht erhaltenen Innungsversammlungen werden die Kollegen dringend ermahnt, alle Bestimmungen hinsichtlich der Versorgung genau zu befolgen.
Auch an die im Felde stehenden Kollegen wird gedacht. Für sie wird eine Kriegshilfe eingerichtet. Liebesgabenpakete gehen an die Front.
Im Kriegsjahr 1916 wird folgender Bestand der Bäcker-Innung Alfeld gemeldet: 43 Mitglieder, davon 15 eingezogen, zwei gefallen, 7 Betriebe sind geschlossen. Die geschlossenen Betriebe werden, soweit es möglich ist, von den backenden Betrieben beliefert. Sie werden nun zu Verkaufsbetrieben. Die Hauptlast tragen nunmehr in vielen Fällen die Meisterfrauen.
Vom „Germania“-Gesamtvorstand kommt die erfreuliche Mitteilung, dass an die Hinterbliebenen der im Felde gefallenen Kollegen 300 Mark gezahlt werden.
Die noch im Betrieb verbliebenen Meister und Gesellen müssen sich auf die Brotbereitung unter Verwendung von Kartoffeln und Kartoffelmehl umstellen. Der Begriff Kartoffelbrot wird geläufig.
In den Betrieben kommt Unruhe über das in Vorbereitung befindliche Gesetz betr. Herbeiführung eines sonntäglichen Backverbots. Lt. Bundesratsverordnung vom
15.1. 1915 tritt folgendes Nachtbackverbot in Kraft: „Alle Arbeiten, die zur Bereitung von Backware dienen, sind von 7 Uhr abends bis 7 Uhr morgens verboten.“
Eine neue Anordnung des Reichskanzlers (vom 15. 3. 1915 in Kraft) bestimmt die Einführung von Brotkarten. Der Tageskopfbedarf wird auf 200 g Mehl bemessen. Für Bäckereien in Orten mit weniger als 10 000 Einwohnern, also auch für Alfeld, gilt ab April 1915 folgende Arbeitszeitregel: 12stündige Arbeitszeit in der Bäckerei mit Beginn um 3 Uhr früh; Sonntagsarbeit von 6-12 Uhr.
Die Alfelder Bäcker werden von folgenden zwei Stellungnahmen hinsichtlich des Nachtbackverbots geschockt:
Der Gesamtvorstand von „Germania“ hat in seiner Sitzung vom 14. 6. 1915 die Hoffnung ausgesprochen, ,,dass nach dem Kriege das Nachtbackverbot wieder aufgehoben wird, da in vielen Betrieben die Haupteinnahme aus dem Frühstücksgebäck besteht.“ Fast zum gleichen Zeitpunkt, am 25. 7. 1915, wird auf dem Obermeistertag in Hannover das genaue Gegenteil verkündet: „Das Verbot der Nachtarbeit war das Angenehmste, was der Krieg dem Bäckerstande gebracht hat. Jetzt kann der Bäcker auch die Wohltat der Nachtruhe und eines geregelten Lebens genießen.“
Kurz vor Kriegsende 1918 gelten im Schnitt folgende Brotpreise:
Roggenbrot 1900 g 92 Pfg.;
Weizenbrot 1900 g 1,20 RM;
Weizenschrotbrot 950 g 60 Pfg.,
Brötchen 45 g 6 Pfg.
Eine traurige Bilanz des verlorenen Krieges: Die Bäcker-Innung Alfeld ist auf 24 Mitglieder zusammengeschrumpft.
Um auf die einige Zeilen vorher angeführten Brotpreise zurückzukommen: Im Jahre 1922 kostet das Brot (1900 g) zunächst 7 bis 8 Mark, am Jahresende bereits 215 bis 250 Mark.

Im darauffolgenden Jahre 1923 bricht die Währung zusammen. Beispiel: kostete das Brötchen im Januar noch 17 Mark, muss man dafür im Juni bereits 110 Mark be­ zahlen.
1923 kommt es zur Währungsreform, der Umstellung auf die Goldmark. Kostete das Brötchen vor der Währungsreform zuletzt 7000 Mark, beträgt der Preis dafür nach der Re­ form 2½ Goldpfennig.
Aus dem Jahre 1930 gibt es eine Statistik über die Bäcker-Innung Alfeld: 64 Mitglieder, davon 22 gemischte Betriebe, 31 Betriebe mit Meistertitel, 58 Betriebe befinden sich im Eigentum. 24 Maschinenbetriebe. Insgesamt sind 29 Gesellen und 23 Lehrlinge beschäftigt. 28 Betriebe arbeiten ohne jede Hilfskräfte. Die erste Innungsversammlung nach Hitlers Machtübernahme war am 24. April 1933. Der bereits zehn Jahre amtierende Obermeister Otto Otto gab bekannt, dass „wegen der Gleichschaltung“ der Vorstand neu zu wählen sei. OM Otto jedenfalls wurde wiedergewählt (jetzt bereits seit 10 Jahren in diesem Amt). Im übrigen Vorstand gab es kaum nennenswerte Veränderungen. Schriftführer blieb Albert Gehrke, lediglich der stellv. OM Haselhorst wurde durch Georg Schliemann ersetzt und Haselhorst zum Ehrenmitglied ernannt. Im gleichen Jahr 1933 wird der Ehrenobermeister Thiesemann, vor Otto lange Zeit Obermeister, zu Grabe getragen.

Aufmarsch der Festteilnehmer auf dem Alfelder Marktplatz anlässlich der 600-Jahr-Feier

In derselben Innungsversammlung (24. 4. 1933) referiert ein gewisser Dr. Meyer Ibold „über die heutige Organisation und Ziel des Kampfbundes, welchem die Innung geschlossen beitrat“ (Zitat aus dem Protokoll). Ferner wird berichtet, dass die Innung aus ihrer Kasse 50 Mark für den Kampfbund bewilligt und jedes Mitglied 2 Mark monatlich dafür einzuzahlen habe, Parteimitglieder dagegen brauchten nur 50 Pfg. einzuzahlen. Hier spürt man deutlich die Bestrebungen, die Innung aufzuspalten in Parteimitglieder und Nichtparteimitglieder.

In der Innungsversammlung vom 10. Juli 1933 wird bekanntgegeben, „dass der neue Vorstand nach der Gleichschaltung von der Regierung genehmigt worden ist“. Aus den nachfolgenden Protokollen ist spürbar, dass in Deutschland ein neuer Geist herrscht und dass auch dem Bäckerhandwerk ein anderer Wind um die Ohren pfeift.
Durch eine Verordnung vom 15. Juni 1934 löst der Reichsminister für Wirtschaft die Zwangs- und Freien Innungen auf, und fortan gibt es die Pflichtinnungen und Kreishandwerkerschaften. Durch die Umwandlung zu Pflichtinnungen kommt es regional unterschiedlich durch Zusammenlegungen zu einer starken Reduzierung der Innungen, wodurch diese nunmehr mitgliedsstark geworden sind.
Die Bäcker-Innung Alfeld erreichte mit 70 Mitgliedern ihren personellen Höchststand. Im Jahre 1935 reichen die Brotpreise je kg von 22 Pfg. für Roggenschrotbrot bis 60 Pfg. für Weizenfeinbrot.
Die Meisterprüfung wird als Voraussetzung für die Selbständigkeit vorgeschrieben, und vor Eröffnung eines eigenen Betriebes ist die Eintragung in die Handwerksrolle Pflicht.
Ein Jahr zuvor, im August 1934, wird die „Bäckerei-Fachschule“ im Bäckeramtshaus Hannover eingerichtet.

Gruppenbild der Alfelder Kollegen im Jahre 1933

Erwähnenswert ist, dass der Bezug einer Bäcker-Fachzeitung per Verfügung zur Pflichtlektüre gemacht wird. Seit 1909 besteht bereits die in Alfeld gedruckte Bäcker-Zeitung, mit Redaktion in Hannover.
Aus einer Statistik, in der Fachpresse veröffentlicht, geht hervor, dass es 1935 in Niedersachsen noch 842 arbeitslose Bäcker gibt, gegenüber 3073 Bäckern im Jahre 1933.
„Oberster Bäcker“ ist Karl Grüßer, der 1935 den Titel „Reichsinnungsmeister des Bäckerhandwerks“ erhält.
Nachzutragen ist noch, dass seit 1934 durch Verfügung „von oben“ ein Innungsvorstand aus zumindest 51 Prozent Parteimitgliedern bestehen muss.
Bedauerlich: Ab September 1934 bis Februar 1939 liegen keine Protokollbücher der Bäcker-Innung Alfeld vor. Vieles spricht dafür, dass in der Hitlerzeit zwar Protokoll geführt wurde, dass man aber aus Scham über das „Tausendjährige Reich“, dem das Bäckerhandwerk zumindest nach außen hin seinen Tribut zollte, dass man aus diesem Grunde die Protokollbücher vernichtete.
Die Obermeister der folgenden Jahre waren: bis 1936 Otto Otto, bis 1942 Heinrich Bartels, anschließend (und bis 1958) Otto Meier. Sie alle werden kein leichtes Amt gehabt haben. Otto Meier immerhin erlebte als Obermeister bereits das sogenannte Wirtschaftswunder, ebenso Obermeister Willi Schliemann, der bis zum Januar 1970 dieses Amt innehatte. Der seit Jahresbeginn 1970 bis auf den heutigen Tag amtierende Obermeister Manfred Hagel hat in seiner Amtszeit nicht nur die guten Jahre erlebt, sondern auch die mageren, beginnend mit der ersten Rezession 1974 und nun auch seit 1980 den noch nie zuvor so stark ausgeprägten unerbittlichen Existenzkampf: angesichts der im eigenen Verbreitungsgebiet wie Pilze aus dem Boden geschossenen Supermärkte und SB­ Läden mit ihren vollgestopften Brot- und Backwarenabteilungen; angesichts auch der gesunkenen Kaufkraft bei annähernd zweieinhalb Millionen Arbeitslosen.
Der nicht protokollierte Zeitraum (September 1934 bis Februar 1939) der Tätigkeit der Bäcker-Innung Alfeld kann dennoch einigermaßen kontinuierlich überbrückt werden: Einmal durch die dem Verfasser zur Verfügung stehenden Berichte über den Bäckerinnungsbezirk „Nordwest“, der im Dritten Reich „Nordmark“ genannt wurde, und nicht zuletzt durch die in der Bäcker-Zeitung veröffentlichten Berichte über Verbandstage. An all diesen Verbandstagen haben auch Obermeister und Vorstandsmitglieder der Bäcker-Innung Alfeld teilgenommen: als Delegierte oder Gäste.
In der nicht protokollierten Berichtszeit stand die moderne Backtechnik stark im Vordergrund aller Zusammenkünfte auf Innungs-, Landes- und Reichs- bzw. Bundesebene. In immer zunehmendem Maße hielten die Maschinen ihren Einzug in die Backstuben. Auch im Bereich der Bäcker-Innung Alfeld modernisierten sich die Backbetriebe.
Wer in dieser Chronik ins Jahr 1930 zurückblättert, stößt auf folgende Statistik: von 64 Bäckereibetrieben der Innung Alfeld sind 24 Maschinenbetriebe (wie man sie da noch nannte). Also in fast Zweidrittel aller Backstuben wurde noch per Hand gearbeitet; der Bäcker knetete da noch tatsächlich im Schweiße seines Angesichts.
Doch die Modernisierung nahm einen geradezu rasanten Lauf. Bereits zu Beginn des 2. Weltkrieges und im Kriege selbst war nahezu jede Backstube mit Maschinen aus­ gerüstet.
Noch bevor der 2. Weltkrieg ausbricht, ist eine Abwanderung von Bäckergesellen zur Industrie in Gang gekommen. „Weil da höhere Verdienstmöglichkeiten und bessere Arbeitszeiten geboten werden“, heißt es. Jetzt ist mehrfach von einem erheblichen „Facharbeitermangel im Bäckerhandwerk“ die Rede.
In den Protokollen der Bäcker-Innung Alfeld wird zum gleichen Zeitpunkt Klage über das schlechte Abschneiden bei den Gesellenprüfungen geführt. Den Meistern wird der Vorwurf gemacht, ihre Lehrlinge hauptsächlich als Arbeitskraft zu benutzen und es ihnen wenig daran gelegen sei, ihnen etwas beizubringen. Das gelte vor allem für den theoretischen Teil. Der damalige Obermeister Bartels wurde noch deutlicher, als er meinte, so mancher Meister sei es nicht wert, Lehrlinge auszubilden.
Der Ausbruch des 2. Weltkrieges Anfang September 1939 brachte das Alfelder Bäckerhandwerk in eine ähnlich missliche Lage wie beim Ausbruch des 1. Weltkrieges. Wieder wurden Meister und Gesellen zum Kriegsdienst eingezogen. Wieder kam es zur Rationalisierung von Mehl, Fett, Zucker und sonstigen Backzutaten.
Doch das Innungsleben ging zunächst zügig weiter. Und von der Front gab es nur Erfolgsmeldungen, Siege über Siege.
Wie „normal“ das Alfelder Innungsleben ablief, bezeugt eine Versammlung vom 9. Juli 1941. Da regten sich die Kollegen tatsächlich darüber auf, dass lt. Verordnung das Brotausfahren nicht mehr gestattet ist. Die Kollegen führten sogar das Wort „Existenzgefährdung“ im Munde.
In den Backstuben nahm die Herstellung von Vollkornbrot einen besonderen Platz ein. Die Innung rief im Kriegsjahr 1942 eine Lehrgemeinschaft über die Herstellung von Vollkornbrot ins Leben. In verschiedenen Orten des Kreises Alfeld wurden jeweils im Betrieb eines Kollegen praktische Backvorführungen veranstaltet. Mit von oben gesteuerter Propaganda wurde die Bedeutung des Vollkornbrotes in Zusammenhang mit der Gesundheit gebracht.
Nachzutragen ist, dass bereits bei Kriegsbeginn, nämlich mit Wirkung vom
7. September 1939, die „Reichsbrotkarte“ eingeführt wurde. Um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, ließ der damalige Generalfeldmarschall Hermann Göring in seiner Eigenschaft als „Ehrenmeister des deutschen Handwerks“ folgendes veröffentlichen, dass auch in der Alfelder Bäcker-Zeitung vom 16. September 1939 abgedruckt wurde:
„Wir stehen so, dass wir an sich keine Beschränkungen, gar keine Karte für Brot und Getreide brauchten. Ich bin aber hier ein vorsorglicher Hausvater und denke weiter. Ich gebe deshalb die Karten heraus, und zwar so, dass jeder mit seiner Brotration satt werden kann. Der Unterschied zu den Brotkarten im Kriege (gemeint ist der 1. Weltkrieg) ist nämlich der: damals kam die Brotkarte, als nichts mehr da war und man immer mehr abknappen musste. Wir führen Brotkarten ein, wenn genug da ist. Auf diesem Gebiet, das kann ich euch versichern, wird keine Panne eintreten und wenn der Krieg Jahre dauern sollte.“
Große Worte, doch im ersten Kriegsmonat 1939 wird die Bewirtschaftung von Getreide auch auf Milch ausgedehnt. Bäckereien erhalten als Höchstmenge an Milch nur 60 Prozent der im September des Vorjahres bezogenen Menge. Auch für Zucker, Fett und Marmelade müssen die Bäcker jetzt Bezugscheine haben, wobei die Menge ebenfalls spürbar reduziert wurde.
Auch die Alfelder Bäcker müssen nun notgedrungen ihr Backsortiment verkleinern. Es darf kein Blätterteig mehr hergestellt werden, und bei Tortenböden sollen die Eier durch Austauschstoffe und das Fett durch Triebmittel ersetzt werden. Schließlich werden auch Kohlen für die Bäckereien Bezugscheinpflichtig.
Doch Alfelds Bäcker kommen zunächst noch gut über die Runden. In den Innungsversammlungen werden die Kollegen über die laufenden Änderungen der Mehl- und Brotmarktordnung informiert, ferner über die Abgabe von Süßwaren, über Preise und Gewichte der Kleingebäcke. Die Bäcker-Zeitung hilft kräftig mit und veröffentlicht Rezepte, die den gegenwärtigen Verhältnissen angepasst sind.
Im Kriegsjahr 1942 sind Deutschlands Bäcker noch härter in die Pflicht genommen. Sie tragen die Verantwortung für die Sicherstellung der Brotversorgung der Bevölkerung. Dafür wird der Begriff „Erzeugungsschlacht“ geprägt. Auch taucht der Begriff Rationalisierung auf, womit die noch mehr verknappte Zuteilung von Mehl, Backzutaten und Heizmaterial gemeint ist. Trotz der vielen Ersatzmittel wird Wert auf Brotqualität gelegt, und „Brotsünder“ werden unter Strafe gestellt.
In einer Innungsversammlung am 24. Mai 1943 gibt der kurz vorher zum Obermeister gewählte Otto Meier aus Freden bekannt, dass Betriebe, die einen Umsatz unter 25 Sack Mehl haben, geschlossen werden müssen. Davon sind einige Betriebe betroffen. Hinzu kommen Betriebe, die bereits vorher dichtgemacht hatten, weil der Meister eingezogen worden war. Wie schon im 1. Weltkrieg, lag die Hauptlast solcher Betriebe wiederum bei den Meisterfrauen. Sie konnten teilweise das Ladengeschäft weiterführen, da sie von anderen backenden Betrieben beliefert wurden.
In einer Versammlung am 8. November 1943 weist OM Meier seine Kollegen darauf hin, dass das Gerstern, ,,auf welche Art und Weise auch immer“, verboten sei.
Die wegen Einziehung zur Wehrmacht vorzeitig zu Gesellen ernannten Lehrlinge werden ermahnt, nach Heimkehr aus dem Kriege ihrem erlernten Beruf die Treue zu halten.
Im Kriegsjahr 1944 beschränkte sich die offizielle Innungsarbeit auf eine Innungsversammlung und zwei Vorstandssitzungen. Dies waren die letzten Zusammenkünfte im 2. Weltkrieg. Mit Trauer gedachte man der im Kriege gefallenen Kollegen. Immer lauter machten die Kollegen ihrer Verärgerung über die sich häufenden Anordnungen und über das mühselige Ausfüllen von Fragebögen Luft, klagten über den großen Rohstoffmangel und auch darüber, dass solche Alltäglichkeiten wie Besen, Handfeger und Schrubber beim Wirtschaftsamt zu beantragen waren.
Andererseits wiederum sah sich Obermeister Meier genötigt, die Kollegen zu mahnen, ein besseres Brot zu backen und es mit der Ablieferung der Brotmarken etwas genauer zu nehmen, ,,da es bei manchen Kollegen hinsichtlich der Ehrlichkeit viel zu wünschen übrigließe.“

Mai 1945: der Krieg war beendet, Deutschland lag in Trümmern, von den Siegermächten besetzt, ein armes Land, und die Not war allenthalben groß, hinzu kamen die Demütigungen. Die Menschen hungerten. In einer Vorstandssitzung am
8. Oktober 1945 gab Obermeister Meier bekannt, dass ohne Genehmigung des Getreidewirtschaftsamtes keine neuen Brotverkaufsstellen eingerichtet oder aufgemacht werden dürfen. Vorläufig werde es auch keine Innungsversammlung geben. Was schließlich sollte man den Kollegen, den daheimgebliebenen wie den aus dem Felde zurückgekehrten, schon sagen? Niemand wusste, wie es weitergehen sollte.
Wie ein Lichtblick mutet es an, dass im November 1945 sage und schreibe 16 Lehrlinge in die Lehrlingsrolle eingeschrieben werden konnten. Die Jugend hat Vertrauen in die Zukunft! Und weiter kann es als erstaunlich angesehen werden, dass zur ersten Innungsversammlung nach dem Kriege, am 14. Februar 1946, nicht weniger als 65 Kollegen erschienen waren. Obermeister Otto Meier wurde in sein Amt wiedergewählt. Seine erste Amtshandlung war es, die Liste der im Krieg Gefallenen und Verstorbenen zu verlesen. Zu dessen Gedenken erhoben sich die Versammelten von ihren Plätzen.
Aus gegebenem Anlass wies der Obermeister darauf hin, dass das Gersterverbot weiterhin bestehe. Ferner machte er auf das Brotfahrverbot aufmerksam. Wirklich Aufmunterndes wusste der Obermeister nicht zu sagen. Es gab zu viele Fragezeichen und keine Antworten darauf.
Mitte Mai 1947, zwei Jahre nach Kriegsende, beklagte Obermeister Meier, dass es nur noch Maismehl und „etwas“ amerikanisches Weizenmehl gebe, aber fast kein Roggenmehl. Vor der Innung äußerte er schwere Besorgnisse über die Ernährungslage.
Erfreulich immerhin, dass für die Lehrlinge die Berufsfachschule ihre Tore wieder geöffnet hatte, erfreulich auch, dass mehreren Kollegen die Genehmigung zur Eröffnung einer Bäckerei erteilt wurde.
Im März 1947 bestehen 14 Lehrlinge die Gesellenprüfung: praktisch alle mit gut, theoretisch die meisten mit befriedigend. Ende des gleichen Jahres bestehen weitere vier Lehrlinge die Gesellenprüfung, alle mit gut.
Im September 1947 erscheint in einem Alfelder Verlag wieder eine Bäcker-Zeitung für Norddeutschland. Im Jahre 1948 hat sich das deutsche Bäckerhandwerk wieder gut stabilisiert. Der Landes­ innungs-Verband Niedersachsen funktioniert und der Bäcker-Innung Alfeld geht es – trotz mancherlei Engpässen – nicht schlecht. Es gibt jetzt auch wieder ein Bäckervergnügen, selbstverständlich mit Damen.
Übrigens was die Damen betrifft: Auf einer Versammlung am 6. Juli 1947 hält es der Präsident der Handwerkskammer Hildesheim, Rickey, für „bemerkenswert“, dass die meisten Handwerkstöchter keinen Sohn oder Gesellen aus dem Handwerk heiraten, wodurch dem Handwerk „ideale Schätze“ verloren gehen.
Wie knapp es drei Jahre nach Kriegsende hinsichtlich der alltäglichen Dinge war, geht daraus her­ vor, dass Obermeister Meier am 22. April 1948 vor der Innung bekannt­ gibt, dass ihr ein Fahrrad zugeteilt wird. Der ausgebrannte Kollege Kruse aus Langenholzen soll es be­ kommen.
Mitte 1948 bestehen neun Lehrlinge mit gutem Ergebnis die Gesellenprüfung. Es sind die ersten neuen Gesellen der Nachkriegszeit.
Zu einer erstaunlichen Wende kommt es nach dem 21. Juni 1948 in Gestalt der Währungsreform. Für alle Bewohner im Bereich der drei Westzonen gibt es die finanzielle Erstausstattung in Gestalt von je 40 DM, also Ablösung der RM durch die neue DM. Zwei Monate später gab es einen weiteren Kopfbetrag von 20 DM. Die Alt­ geldguthaben wurden im Verhältnis 100 RM zu 6,5 DM umgestellt, bei den übrigen Verbindlichkeiten galt ein Verhältnis von 10:1 (Ausnahme Mieten und Pensionen, hier Verhältnis 1:1).

Mit der Währungsreform geschah das Wundersame: plötzlich, gerade­ zu über Nacht, füllten sich die Ge­ schäfte und Schaufenster mit Waren und Artikeln aller Art, von denen man bisher nur geträumt hatte. Für Geld, für das neue Geld gab es so gut wie alles zu kaufen, was das Herz begehrte. Woher kamen all die schönen Sachen so plötzlich? Die Eingeweihten wussten es: die Erzeuger und Besitzer von Dingen des alltäglichen Gebrauchs hatten diese schönen Dinge gehortet und auf den Tag gewartet, an dem das Geld wieder etwas wert war. Der Haken aber war, dass die Mehrheit der Bevölkerung dieses Geld zu­ nächst noch nicht besaß, denn mit dem geringen Kopfgeld kam man nicht weit. Doch die Währungsreform war der Anfang zu dem, was später als das Wirtschaftswunder in die deutsche Nachkriegsgeschichte eingegangen ist.
Für das Bäckerhandwerk kam der Segen nicht über Nacht. In einer Versammlung der Bäcker-Innung Alfeld am 20. Oktober 1948, vier Monate nach der Währungsreform, gab Obermeister Meier die Zuteilung von 10 kg Zucker pro Betrieb bekannt. Weiter sagte er etwas über den Beimischungszwang, womit wahrscheinlich die Verarbeitung von Zusatzmehlen (Mais + Sojamehl) gemeint war. Zu diesem Zeitpunkt bestanden fürs Bäckerhandwerk also immer noch gewisse Einschränkungen hinsichtlich des Mehls und der Backzutaten.
Am 24. November 1948 kommt es zu einer bedeutsamen Entscheidung: die Gronauer Bäcker trennen sich von der Bäcker-Innung Alfeld und konstituieren sich wieder als selbständige Innung. Die Formalitäten vollziehen sich in einer Vorstandssitzung im Bahnhofshotel Elze. Zugegen sind Landesinnungsmeister K.-F. Lang und sein Geschäftsführer W. Trentzsch, der Präsident und Geschäftsführer der Handwerkskammer Hildes­ heim sowie Kreishandwerksmeister Pralle aus Alfeld. Selbstverständlich waren auch die verhandlungsberechtigten Kollegen aus Gronau erschienen. Wie aus vorausgehenden Protokollen ersichtlich, kam der Wunsch zur Trennung aus Gronau.
Nach dreistündigen Verhandlungen ist man sich einig über die Trennung. Dem Vorschlag des Landesinnungsmeisters wird zugestimmt, dass die beiden Innungen Alfeld und Gronau weiterhin brüderlich verbunden seien und sich alljährlich zu einer gemeinsamen Generalversammlung zusammenfinden wollen.
Im Frühjahr 1949 bestehen 13 Gesellen der Bäcker-Innung Alfeld die Meisterprüfung. Es sind die ersten Jungmeister der Nachkriegs­ zeit. Andererseits legen fast ebenso viele Lehrlinge die Gesellenprüfung ab. Die Bemühungen des Innungsvorstands um guten Nachwuchs und berufliche Fortbildung werfen ihre Früchte ab.
In einer Innungsversammlung, an der auch Dr. Saß von der Kreishandwerkerschaft teilnimmt, kommt es zu einer heftigen Diskussion, in der sich etliche Teilnehmer über das angekündigte neue Jugendschutzgesetz empören. In einer einstimmigen Resolution drohen die Bäckermeister an, keine Lehrlinge mehr einzustellen, wenn
das Jugendschutzgesetz in der novellierten Form angenommen wer­ den sollte.
Auch im Jahr 1949, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland mit einer Bundesregierung und einem Grundgesetz, gibt es im Bäckerhandwerk immer noch Engpässe. Man klagt über die knappe Zuteilung von Weizenmehl und die geringe Fettration für Feingebäcke. Immer noch gibt es Bezugscheine für Öl, Margarine und Zucker. Auf dem sogenannten Schwarzen Markt kann man für teures Geld alles kaufen, was das Herz begehrt. Tauschgeschäfte wie in den Jahren bis zur Währungsreform sind nicht mehr Mode, jetzt lacht Bargeld.
In der Innungsversammlung vom 13. Juli 1950 kommt es zu einer Ehrung von bisher einmaligem Ausmaß. In Übereinstimmung mit dem Vorstand ernennt Obermeister Meier 14 Innungsmitglieder zu Ehrenmitgliedern der Bäcker-Innung Alfeld. Es handelt sich um Meister, die über viele Jahrzehnte neben ihrer schweren Arbeit treu zur Innung gestanden und ihren Betrieb nunmehr in jüngere Hände gelegt haben, die aber weiterhin am Innungsgeschehen lebhaften Anteilnehmen, als leuchtendes Beispiel für die nachfolgende Generation. Heute ist keiner von den 14 Geehrten mehr am Leben.

Mit Beginn der 50er Jahre wird das Thema Kalkulation zu einer zentralen Frage in allen Versammlungen auf Bezirks- und Innungsebene. Anlass dazu gaben die ständig steigenden Mehl- und damit auch Brotpreise sowie die kletternde Lohnspirale. Ab 1954 werden in Alfeld, Freden und Lamspringe ständige Kalkulationsschulungen durchgeführt. Grundlage der Schulungen bildete ein von dem damaligen Verbandsgeschäftsführer Dipl.-Volkswirt Walter Trentzsch (1982 verstorben) erarbeitetes Kalkulationsschema, das sogar bundesweit an Bedeutung gewann.
Es hat länger als ein Jahrzehnt gedauert, bis auch der letzte Bäcker im letzten Dorf begriffen hatte, dass ohne genaue Kalkulation auf die Dauer kein Betrieb mehr aufrecht zu halten ist. Wer es nicht begreifen wollte, blieb auf der Strecke; zunehmende Betriebsschließungen legen davon Zeugnis ab.
Wenn man in der Chronik der 50er und 60er Jahre zurückblättert, so springt einem folgendes ins Auge: Die Bäcker-Innung Alfeld erbrachte allein in diesen zwei Jahrzehnten hinsichtlich der Aus- und Fortbildung Spitzenleistungen. Bestanden etwa – als Beispiel – zum 1. April 1951 15 Lehrlinge die Gesellenprüfung, wurden zum gleichen Zeitpunkt 16 neue Lehrlinge eingeschrieben. So ging es über viele Jahre, und stets bei guten Prüfungsergebnissen, praktisch wie theoretisch.
Auf den ersten Blick scheint es, als ob die Alfelder Bäckermeister „überproduziert“ hätten, was die Ausbildung betrifft. Doch leider hat die Geschichte einen Haken. Leider verabschiedeten sich viele, allzu viele Bäckergesellen von ihrem erlernten Beruf und gingen in die Fabriken der benachbarten Großstädte. Vom Backofen ans Fließband. Vordergründig waren es die Arbeitszeiten bei guter Bezahlung, die sie in die Ferne lockten.

Dieser Trend ist nicht typisch für die Bäcker-Innung Alfeld, sondern in allen Regionen des Bundesgebietes zu beobachten. Ein Trend, der bis in die Gegenwart hineinreicht, nun aber mit neuer Stoßrichtung: Da im Zeichen der größten Rezession der Nachkriegsgeschichte auch an den Fließbändern kein Platz mehr frei ist, suchen nicht wenige ausgelernte Handwerker ihr Heil bei der Bundeswehr. Sie verpflichten sich über die Dienstzeit hinaus mit dem Gedanken, beim Bund auf Staatskosten alle Führerscheine machen zu können und noch etwas mehr. Zugegeben: einigen ist es gelungen, ,,etwas Besseres“ zu werden als „nur“ Bäcker.
Nach diesem zeitlichen Vorgriff wieder zurück in die Mitte der 50er Jahre. Auf einer Innungsversammlung April 1955 beklagt Obermeister Otto Meier das schwindende Interesse der Kollegen am Innungsleben. Kaum die Hälfte aller Mitglieder lässt sich auf Versammlungen und Veranstaltungen sehen. Vielleicht sind um diese Zeit die Meister zu sehr mit sich und den Sorgen um ihren Betrieb beschäftigt. Die moderne Technik hat in die Backbetriebe ihren Einzug gehalten. Anfang der 60er Jahre werden neue Backmethoden entwickelt, wozu die Zulieferfirmen des Bäckerhandwerks maßgeblichen Anteil haben.
Die Bäckermeister sind gezwungen, ihren Betrieb auf dem neuesten Stand zu halten. Denn inzwischen schließen Brotfabriken wie Pilze aus dem Boden. Sie überschwemmen die Supermärkte mit Brot, und diese wiederum bieten Brot zu Billigpreisen an. Jetzt entsteht der Begriff „Lockvogelangebot“. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks warnt, sich in Preiskämpfe einzulassen. Wer es dennoch tut, geht vor die Hunde. Das Bäckerhandwerk steht in einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb, für viele ist es ein Vernichtungswettbewerb.
Im April 1960 wird für den seit längerem erkrankten Otto Meier sein bisheriger Stellvertreter Willi Schliemann zum neuen Obermeister gewählt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Innung 60 Mitglieder.
In den Sitzungsprotokollen der 60er Jahre ist der Punkt „Derzeitige Marktlage“ das Hauptthema. Nähere Ausführungen werden aber nicht mitgeliefert. Lediglich in einem Falle wird die Marktlage in Zusammenhang mit den Brotfabriken gebracht. Ein anderes Mal ist von den „Nöten des Bäckerhandwerks“ die Rede, ebenfalls mit Bezug auf die konkurrierenden Brotfabriken. Häufiger Gastreferent ist in den 60er Jahren Dr. Saß, Syndikus der Kreishandwerkerschaft. Auch Dr. Brinkmann von der Handwerkskammer Hildesheim ist ein gern gesehener Referent über Fachfragen, und von derselben Dienststelle Dr. Postel als betriebswirtschaftlicher Berater.
In dieser Zeit nahm die Innung an Backvorführungen mehrerer Backmittelhersteller im norddeutschen Raum teil. Auf diese Weise bereicherten die Kollegen ihren Backzettel um erlesene Spezialitäten. Auch beteiligten sich etliche Betriebe an den inzwischen eingerichteten Brotprüfungen und schnitten dabei durchweg gut ab.

Wie schwer vereinzelte Betriebe im Innungsbereich Alfeld es im Kampf ums Überleben haben, geht aus einer Diskussion in der Jahreshauptversammlung am 22. Januar 1964 hervor. So zum Beispiel wurde beklagt, dass die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle für einen Kleinbetrieb den Ruin bedeuten würde. Weitere Bestimmungen mit entsprechenden finanziellen Belastungen brachten dann auch tatsächlich für einige Betriebe den Ruin. Jahr um Jahr mussten Betriebe schließen. In der Zeit von 1960 bis 1969 verlor die Innung Alfeld 13 Mitglieder, was ebenso vielen Betriebsschließungen gleichkommt.
Zu ergänzen ist, dass im gesamten Bundesgebiet Schließungen von Bäckereibetrieben zu verzeichnen sind, und zwar in der gleichen Relation wie im Innungsbereich Alfeld.
In der Generalversammlung am 2. Februar 1969 standen Neuwahlen im Vordergrund. Willi Schliemann wurde zwar zum Obermeister wiedergewählt, betonte aber, dass er dieses Amt nur noch ein Jahr innehaben wolle, um in dieser Zeit den noch zu wählenden Stellvertreter gründlich auf sein Amt als Nachfolger vorzubereiten bzw. ihn einzuarbeiten. Als Stellvertreter wurde Manfred Hagel aus Freden gewählt.

Das am 24. Juli 1969 in Kraft getretene novellierte Bäckereiarbeitszeitgesetz gibt nun endlich Klarheit. Im Sprachgebrauch wird es das Nachtbackverbot genannt. Seit diesem Tag und bis heute hat es dennoch keine Ruhe um dieses Gesetz gegeben. Als erste gingen die Brotfabriken auf die Barrikaden und boten alles auf, um das Gesetz zu Fall zu bringen. Als dies nichts einbrachte, verletzten die Brotfabriken das Nachtbackverbot und handelten sich reihenweise Strafen ein.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sei gesagt, dass zunächst auch etliche Bäckereibetriebe das Nachtbackverbot nicht einhielten. Hermann Schlüter, derzeit Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, reiste durch die Lande und bekniete die Kollegen, das Nachtbackverbot strikt einzuhalten, um das Bäckereiarbeitszeitgesetz nur ja nicht zu Fall zu bringen.
Feststeht, dass die Brotfabriken den Kampf gegen die Bäckereien gewonnen hätten, wenn das Nacht­ backverbot zu Fall gebracht worden wäre. Denn das Bäckerhandwerk hätte dann mit den rund um die Uhr backenden Brotfabriken nicht mithalten können.
Dass heute immer noch 80 Prozent aller Backwaren aus den handwerklichen Betrieben kommen, ist neben der unvergleichlichen Qualität auch dem bestehenden Bäckereiarbeitszeitgesetz zu verdanken. Mit diesem Gesetz steht und fällt das Bäckerhandwerk.
Am 20. Januar 1970 wird Manfred Hagel zum neuen Obermeister der Bäcker-Innung Alfeld gewählt. Sein Vorgänger Willi Schliemann wird in Würdigung seiner Verdienste in zehnjähriger Amtszeit zum Ehren-Obermeister ernannt.
Manfred Hagel hatte sich ein Jahr lang auf sein neues Amt gründlich vorbereitet und nimmt zudem nun auch die Geschäftsführung in seine Hände. Der gerade erst 36jährige steht vor einer schweren Aufgabe, und er hat, das muss man rückblickend erwähnen, dieses Amt zu einem denkbar ungünstigen Zeit­ punkt übernommen.
Zur Zeit der Amtsübernahme, im Jahre 1970, zählt die Bäcker-Innung Alfeld 44 Mitglieder in insgesamt 19 Gemeinden bzw. Ortschaften, gegenüber 60 Mitgliedern zehn Jahre zuvor. Doch der Prozess der
„Gesundschrumpfung“ ist noch im vollen Gange und sein Ende noch nicht abzusehen. Das gilt übrigens für das Bäckerhandwerk in der ganzen Bundesrepublik.
Das Bäckerhandwerk hat die Abwanderung von Gesellen zu beklagen und ebenso die mangelnde Qualifikation des auszubildenden Nachwuchses. Der Chronist erinnert sich an Äußerungen des damaligen Präsidenten des Zentralverbandes, Hermann Schlüter, zu Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre, die folgenden Inhalt hatten: Es täte dem deutschen Bäckerhandwerk gut, wenn es mehr Arbeitslose gäbe; dann nämlich könnten die Bäcker auf einen besseren Nachwuchs hoffen. Der Wunsch des Präsidenten ist auf makabre Weise Wirklichkeit geworden, angesichts der gegenwärtig rund zweieinhalb Millionen Arbeitslosen.
Zwar befinden sich gegen Ende des Jahres 1970 im Bereich der Bäcker­ Innung Alfeld immer noch 17 Jun­ gen und Mädchen in Ausbildung: 13 Jungen in der Bäckerei und vier Mädchen im Verkauf. Doch dann gibt es einen Knick: Wenig später, nämlich Ende Januar 1971, werden in den Betrieben im Bereich der Bäcker-Innung Alfeld nur acht

Bäckerlehrlinge und sechs Verkaufslehrlinge beschäftigt. Mit insgesamt 29 Bäckergesellen ist deren Zahl stabil geblieben.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Bäckerlehrlinge ab 1971 nicht mehr die Berufsschule in Alfeld besuchen können, weil dort die Lehrkräfte fehlen. Die Jungen müssen nun zur Schule nach Einbeck fahren. Es muss als eine Belastung der Betriebe angesehen werden, dass die Lehrlinge auch an der über­ betrieblichen Unterweisung teilzunehmen haben, und zwar in Hildesheim.
Eine weitere finanzielle Belastung entsteht den Betrieben durch die vom Zentralverbandspräsidenten initiierte Image-Kampagne (zunächst DM 100,- pro Betrieb). Auf der Ebene des Bäckerinnungsverbandes Niedersachsen/Bremen können sich zu diesem Zeitpunkt nur rund 60 Prozent aller Betriebe für diese Aktion erwärmen, und auch die Bäcker-Innung Alfeld steht noch nicht voll dahinter.
Aus jenen Tagen gibt es jedoch auch Erfreuliches zu berichten. Die Bäcker-Innung Alfeld beteiligt sich im Jahre 1971 erstmals an den Brotprüfungen, mit insgesamt 36 Brotsorten. 15 Betriebe schneiden mit dem Prädikat „sehr gut“ ab, ebenso viele mit „gut“, und nur in 9 Fällen werden Brotfehler beanstandet.
Ebenso positiv: zur iba ’71 entsendet die Innung eine starke Abordnung, darunter auch zahlreiche Meisterfrauen. Das Interesse am neuesten Stand der Bäckereitechnik und -technologie ist groß. Zur Teilnahme an der iba drei Jahre zu­ vor mochte sich kein Kollege entschließen, weil die Unkosten zu hoch erschienen.
Seit seiner Berufung zum Obermeister nimmt Manfred Hagel an allen überörtlichen Veranstaltungen teil, seien es nun Bezirksversammlungen, Landesinnungs-Verbandstage und Obermeister-Tage. Zur eigenen Fortbildung dient ihm auch ein Obermeister-Seminar an der Bundesfachschule in Weinheim.
In Vorstandssitzungen und Innungsversammlungen unterrichtet der Obermeister die Kollegen über diese Begegnungen auf höherer Ebene, ebenso über die in geradezu erdrückendem Maße auf die Bäckereibetriebe zukommenden neuen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen. Jeder selbständige Bäckermeister ist in die Mühlen der Bürokratie geraten und muss viele Stunden seiner Wochenarbeitszeit hinterm Schreibtisch verbringen.
Ein besonders schweres Problem ist die inzwischen in den meisten bundesdeutschen Bäckereibetrieben eingeführte Fünf-Tage-Woche. Die Bäcker-Innung Alfeld schiebt dieses Problem immer wieder vor sich her, denn mit Rücksicht auf die besondere Struktur ist eine solche Arbeitszeitregelung im Bereich der Bäcker-Innung Alfeld nicht durchführbar. Hinsichtlich der unerbittlichen Konkurrenz in Gestalt der Supermärkte und SB-Läden mit kompletten Backwarenabteilungen würden die Bäckereien, verstreut auf 19 Orte, unzumutbare Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, die für manche sogar das Ende bedeuten würden. Die Fünf-Tage­ Woche, für sich gesehen eine geradezu notwendige Einrichtung, ist bis auf den heutigen Tag für die Innung Alfeld nicht praktikabel. Dass Arbeitskräfte – Gesellen wie Verkäuferinnen – abwandern und sich einen Fünf-Tage-Job suchen, muss leider in Kauf genommen werden. Selbst die Fünf-Tage-Woche als rollierendes System kommt für die Innung Alfeld wegen der Betriebsgrößen nicht in Frage. Die durchschnittliche Betriebsgröße besteht aus drei Personen, und immerhin gehören zur Bäcker-Innung Alfeld auch noch sieben Einmann­Betriebe.
In den 70er Jahren machen die immer steigenden Ausbildungssätze den Meistern sehr zu schaffen; sie betrugen im Jahre 1975 bereits DM 310,- bis 480,- je nach Ausbildungsjahr. Hinzu kommen die von der Gewerkschaft erzwungenen und von Jahr zu Jahr in die Höhe schnellenden Gesellenlöhne und die Gehälter für Verkäuferinnen.
Und nicht zuletzt müssen die Preissteigerungen auf allen Gebieten hinzugezählt werden. Die Kollegen werden dringend gebeten, in dieser Situation ihr ganzes Augenmerk einer genauen Kalkulation zu widmen. Kalkulationslehrgänge leisten Hilfestellung.
Nicht alle Betriebe sind den an sie gestellten hohen Anforderungen gewachsen. In der Jahreshauptversammlung zu Beginn des Jahres 1973 wird die Schließung von fünf Betrieben bekannt gegeben. Aus anderen deutschen Regionen wird ähnliches bekannt. Gelegentlich greift unter den Mitgliedern der Bäcker-Innung Alfeld Verdrossenheit um sich. Die Versammlungen werden bisweilen schlecht bis sehr schlecht besucht. Man kann von
Schwankungen reden, denn ebenso verzeichnen die Protokolle einen guten und sogar sehr guten Besuch der Innungsversammlungen.
In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Bäcker-Innung Alfeld neben dem Ernst der Arbeit in den krisengeschüttelten Jahren auch die Geselligkeit nicht zu kurz kommen ließ. So gab es jedes Jahr mindestens ein Innungsvergnügen, an dem die Bäckerfamilien und auch die Bevölkerung regen Anteil nahmen. Es gab regelmäßig Theaterfahrten, auch Fahrten ins Ausland (z. B. Hollandfahrt), Betriebsbesichtigungen (Zulieferbetriebe des Bäckerhandwerks) und Kegelabende (so z. B. auch mit der Nachbar-Innung Gronau). Sie alle waren dazu geeignet, zum einen die Alltagssorgen zu vergessen und zum anderen den Zusammenhalt zu festigen. Solche geselligen Zusammenkünfte fanden stets regen Zuspruch, und darauf will man auch in Zukunft nicht verzichten.
Auch die Meisterfrauen der Alfelder Innung tragen zum geselligen Teil des Innungslebens bei. Seit über 25 Jahren treffen sie sich einmal im Monat, um bei einer guten Tasse Kaffee die alltäglichen Probleme zu vergessen.
Im Verlauf der 70er Jahre wurde die Teilnahme an Brotprüfungen zum festen Bestandteil, und erfreulicherweise schnitt die Innung Alfeld stets gut ab. Diese freiwillige Kontrolle spornte zu Höchstleistungen an, die sich auszahlten im Wettbewerb mit der Backware aus den Fabriken.
Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform verlor Alfeld am 1. 8. 1977 seinen Status als Kreisstadt und wurde, zusammen mit dem Großteil der den Kreis bildenden Gemeinden, dem Kreis Hildesheim untergeordnet. Zweifellos büßte die Stadt Alfeld selbst dadurch an Anziehungskraft ein.
Die Bäcker-Innung Alfeld wider­ stand allen etwaigen Ansätzen, sich aufzulösen und sich in die Innung Hildesheim ein bringen zu lassen. Aufgrund der besonderen Struktur wären die eigenen Belange zu kurz gekommen, und man wäre dort nicht viel mehr als das fünfte Rad am Wagen gewesen. So war es für die Bäcker-Innung ausgemachte Sache, in ihrer bisherigen Form weiter zu bestehen, ungeachtet kommunaler Grenzen.
Inzwischen war das weltweit bestaunte deutsche Wirtschaftswunder wie eine Seifenblase zerplatzt. Das wurde schmerzhaft spürbar in der ersten Rezession der Jahre 1973/74. Beschönigend sprach man in Bonn von einer Wirtschaftsflaute und tröstete sich und die Bürger mit dem Hinweis darüber hinweg, dass es uns im Vergleich mit den anderen großen Nationen immer noch glänzend geht.
Im deutschen Bäckerhandwerk galt immer noch die Parole „Weltmeister im Backen“, herausgegeben von der mit der Image-Kampagne betrauten PR-Agentur. Aber auch der Weltmeister musste Haare lassen.
Zu diesem Zeitpunkt verstärkte die Bäcker-Innung Alfeld ihre Aktivitäten, weniger nach außen hin als mehr intern. Der Vorstand trat relativ häufig zusammen, um die sich häufenden Probleme anzugehen und Wege zu ihrer Lösung zu finden. Dem Obermeister Manfred Hagel, seit seiner Berufung Januar 1970 stets wiedergewählt und bis heute im Amt, wuchsen die ersten grauen Haare.
Die nächstliegende Sorge war, die backenden Betriebe angesichts der in enger Nachbarschaft angesiedelten harten Konkurrenz in Gestalt von Supermärkten und SB-Läden am Leben zu halten, am Überleben. Von Anfang an hatten die Bäcker der Innung Alfeld einen Trumpf im Ärmel: sie belieferten und beliefern auch heute noch ihre Kunden frei Haus. Das Ausfahrgeschäft gehört zum Alltag, und die Leute sprechen liebevoll von „ihrem“ Bäcker. Wo gibt es das heute noch in deutschen Landen, dass einem zum Frühstück die Brötchen ins Haus gebracht werden? Dieser Service ist beispielhaft.
Doch nichts führte daran vorbei, dass auch im Innungsbereich Alfeld weitere Bäckereibetriebe für immer schließen mussten. Teils war kein Nachfolger zu finden, der in kritischer Zeit zur Selbständigmachung bereit war, teils war es Kapitulation im gnadenlosen Wettbewerb.
Im Jubiläumsjahr 1983 zählt die Bäcker-Innung Alfeld nur mehr 31 Mitglieder. (Zum Vergleich: die Nachbarinnung Gronau setzt sich aus 20 Mitgliedern zusammen.) Ihr Anteil am bundesdeutschen Bäckerhandwerk insgesamt beträgt gerade ein Promille. Das ist eine berechenbare Größe, aber sie zählt. Man sagt, eine Kette sei nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Die Bäcker-Innung Alfeld ist nicht das schwache Glied in dieser Kette. Die Bedeutung dieser kleinen Innung ist nicht zu übersehen und ihre Leistungen auch nicht.
Die Bäcker-Innung Alfeld hat im geradezu irrsinnigen Wettbewerb und angesichts des erheblichen Kaufkraftschwunds bei 2½ Millio­nen Arbeitslosen eine Betriebsumsatzeinbuße von rund 20 Prozent hinnehmen müssen. Diese Einbuße hat sie zur Hälfte wettgemacht durch Belieferung der konkurrierenden Märkte, allerdings unter Inkaufnahme hoher Rabatte. Da­ durch sind immerhin die Betriebskapazitäten zufriedenstellend ausgelastet.
Die Bäcker-Innung Alfeld begeht ihr 650jähriges Bestehen, weltweit gesehen, unter keinem guten Stern. Ihr geht es in der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise nicht besser als anderen Wirtschaftszweigen. Es geht ihr aber auch nicht schlechter.
Die hier aufgeschriebene Geschichte einer Innung im Ablauf von 650 Jahren weist Höhen und Tiefen auf. Die Bäcker-Gilde und spätere Bäcker-Innung Alfeld hat blutige Kriege und Katastrophen überstanden, vom ausgehenden Mittelalter bis zur Gegenwart. In guten, wie in schlechten Zeiten wurden die Alfelder Bäcker ihrer Hauptaufgabe gerecht, nämlich die Versorgung der Bevölkerung mit Brot und Backwaren sicherzustellen. Ebenso haben sie ihre Bürgerpflichten im jeweiligen Gemeinwesen, heute Staat genannt, erfüllt. Die Bäcker­ Innung Alfeld hat sich in ihrem Verbreitungsgebiet einen ihr zustehenden Platz erkämpft und erhalten.

So gesehen, ist die traditionsreiche Geschichte der Bäcker-Innung Alfeld auch eine Geschichte der Zukunft. Der Bäckerinnungsverband Niedersachsen/Bremen ist gern dem Antrag der Bäcker-Innung gefolgt, seine Mitgliederversammlung 1983 in den Rahmen der Feierlichkeiten zum 650jährigen Jubiläum einzupassen. So werden die Festtage ganz im Zeichen des Bäckerhandwerks stehen. Ebenso erfreulich ist, dass die Bevölkerung im Bereich der Bäcker-Innung Alfeld an den Feiern teilhaben und ihre enge Verbundenheit mit ihren Bäckern bekunden wird.

Möge das große Jubiläum den Mitgliedern der Bäcker-Innung Alfeld neuen Mut und neue Kraft geben! Möge es ihren Glauben in die Zukunft stärken und festigen! Es lebe die Bäcker-Innung Alfeld!

Quelle: Festschrift 650 Jahre · Bäcker-Innung des Kreises Alfeld (Leine) 1333 bis 1983