Goertz, Albrecht Graf

Ein Zufallstreffer veränderte sein Leben
Brunkenser Designer Albrecht Graf Goertz – Vater des legendären BMW 507 Roadster
 

Albrecht Graf Goertz ist als Designer legendärer Sportwagen in die Automobilgeschichte eingegangen. Noch heute geraten Fans edler Autos geradezu in Verzückung, wenn ein BMW 507 Roadster oder die nicht minder elegante Limousine des Typs 503 vorbeifährt. Er starb am 27. Oktober 2006 im österreichischen Kitzbühel.

Lässig lehnt Albrecht Graf Goertz an einem BMW 507 Roadster. Das Automobil gehört heute zu den gefragtesten Oldtimern

Weltruhm erlangte der am 12. Januar 1914 als zweiter Sohn eines alten Adelsgeschlechts geborene Designer in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals entwarf er die beiden oben genannten Autos für BMW. Der Erfolg war durchschlagend. Binnen weniger Monate gehörte er danach zur Spitze der internationalen Industriedesigner.

Als junger Mann hatte er eine völlig andere Karriere angestrebt. Nach dem Tod seines Vaters 1933 absolvierte er eine Ausbildung bei der Deutschen Bank in Hamburg und wechselte eineinhalb Jahre später zur Privatbank Helbert Wagg & Co nach London.
Angesichts der großen politischen Unsicherheit im Europa der 1930er Jahre ging der junge Adelige 1936 in die USA. Doch dort musste sich der deutsche Landadelige erst einmal durchbeißen. Er arbeitete als Autowäscher, montierte Flugzeugmotoren und war für einen Flugservice tätig. Seine Liebe zu Autos aber blieb. Und so mietete er 1938 am bekannten Rodeo Drive in Beverly Hills, einem Vorort von Los Angeles, eine Garage, um Ford-A- und Ford B-Modelle zu entwerfen. 1939 entwarf Goertz sein erstes Auto. Das Coupé Paragon, ein Einzelstück auf Basis eines Ford Mercury, war 1939 für einige Wochen auf der Weltausstellung in San Francisco zu sehen.  Doch aus der anvisierten Laufbahn wurde zunächst nichts. Die USA zogen in den Krieg und Graf Goertz wurde amerikanischer Soldat. Er erlebte den Zweiten Weltkrieg im Pazifik.

Eine schicksalhafte Begegnung mit dem brillanten Industriedesigner Raymond Lowry in einer New Yorker Tiefgarage sollte seinem Berufsleben die entscheidende Wende geben. Er hatte, das erzählte er später immer wieder, seinen selbst designten Wagen in der berühmten Tiefgarage des Waldorf Astoria Hotels direkt neben dem Auto von Lowry abgestellt. Der hatte Lokomotiven in Stromlinienform gebracht und die Lucky-Strike-Zigarettenschachteln entworfen. Und der erfahrene Designer erkannte sofort das Talent des gebürtigen Deutschen. Er schickte ihn schließlich auf eine Designschule und verpflichtete Graf Goertz für die Studebaker-Studios, wo er zusammen mit einem Kollegen das erfolgreiche Facelift des Modells Studebaker entwirft – die so genannte „Bullet Nose“.

Danach arbeitete Goertz bis 1953 für einige Designer, ehe er sich selbstständig machte und in New York ein kleines Büro (Design-Studio) eröffnete. Durch Zufall lernte er Max Hoffmann kennen. Der gebürtige Österreicher und größte Autohändler in New York galt in den 1950er Jahren als der bedeutendste Importeur für europäische Luxusfahrzeuge in Übersee und vertrieb Prestigemarken wie Mercedes, Porsche und BMW. Sein Einfluss war so groß, dass die Werke ihm frühzeitig Einblick in ihre Planungen gewährten. Dementsprechend bat auch BMW um Begutachtung seines Sportwagenprojekts, einem Roadster mit V8-Motor. Die ersten Entwürfe gefielen Hoffmann jedoch nicht. Der erzählte ihm von den Plänen der Münchener, einen Sportwagen auf den Markt zu bringen. Er gab dem jungen Designer Goertz den Tipp, einige Skizzen eines Sportwagens anzufertigen und nach München zu schicken. Und das Unglaubliche  geschah: Goertz‘ Entwurf begeisterte die Fachleute bei BMW – im Januar 1955 wurden die Verträge geschlossen – er bekam den Auftrag für den Roadster 507. Parallel zu diesem Zweisitzer unter der Bezeichnung 507 wurde Goertz nach kurzer Zeit die Verantwortung für ein weiteres Projekt übertragen: Nach der Vorarbeit von Kurt Bredschneider entwickelte er den mondänen 503, ein ebenfalls vornehmlich für den amerikanischen Markt geplanter Luxusreisewagen als Cabriolet und Coupé. Die beiden Achtzylinder sorgten für Furore und sind auch noch 60 Jahre nach ihrer Präsentation begehrte Autos. Die beiden Modelle bedeuteten den internationalen Durchbruch für Goertz.
Gerade aus diesem Grund zählt der Roadster heute zu den gefragtesten und teuersten Oldtimern auf dem Markt. Zahlrei­che Prominente zählten zu den Besitzern des Renners mit der zeitlos schönen Form. So fuhren ihn unter anderem der bekannte britische Rennfahrer John Sur­tees, die Schauspielerin Ursula Andress, der französische Welt­star Alain Delon sowie die Rock­legende Elvis Presley. Der King of Rock hatte das Auto während seiner Militärzeit in Deutschland gekauft und es in die USA brin­gen lassen. Inzwischen hat BMW das Fahrzeug zurückgekauft. Es soll wieder in seinen Originalzustand zurückversetzt werden. Gerade aus diesem Grund zählt der Roadster heute zu den gefragtesten und teuersten Oldtimern auf dem Markt. Zahlrei­che Prominente zählten zu den Besitzern des Renners mit der zeitlos schönen Form. So fuhren ihn unter anderem der bekannte britische Rennfahrer John Sur­tees, die Schauspielerin Ursula Andress, der französische Welt­star Alain Delon sowie die Rock­legende Elvis Presley. Der King of Rock hatte das Auto während seiner Militärzeit in Deutschland gekauft und es in die USA brin­gen lassen. Inzwischen hat BMW das Fahrzeug zurückgekauft. Es soll wieder in seinen Originalzustand zurückversetzt werden.

Auch die Rockmusik-Legende Elvis Presley fuhr diesen legendären Sportwagen

So begann der Aufstieg des Deutschen, der ihn von der Tiefgarage des Waldorf Astoria in die Beletage der feinen Form führte. Auftraggeber aus aller Welt gaben sich in seinem New Yorker Büro die Klinke in die Hand. Bereits 1964 entwarf er einen Sportwagen, der ganz anders war als alles, was es in diesem Genre bislang gab. Zu modern, zu revolutionär – so lautete damals das Urteil von Experten und die Pläne verschwanden für fünf Jahre in der Schublade. Doch 1969 wurden sie hervorgeholt. Datsun, heute Nissan, brachte den 240 Z heraus und schaffte Unglaubliches: Der Goertz-Entwurf mauserte sich zum meistverkauften Sportwagen der Welt.
Goertz wurde mit Bertone, Pinin Farina und anderen Designern von Weltrang verglichen. „Wenn ich jemand mit einem Auto emotional ansprechen kann, gelingt mir das auch mit einem anderen Produkt“, ist Goertz überzeugt. Und sein Erfolg gibt ihm Recht. Auftraggeber aus allen Branchen engagieren den Designer. Von seinem Studio in den USA aus, wo Goertz noch immer seinen Hauptwohnsitz hatte, reist er in der Folgezeit um den ganzen Globus und gestaltet Gebrauchsgegenstände verschiedenster Art. Dazu zählen u.a. Fotoapparate für Agfa, Fuji und Polaroid, Haushaltsgeräte, Schreibutensilien, Füller (Montblanc), Uhren, Schmuck, Puma-Sportkleidung und -Accessoires, Radios und Fernseher für SABA.
Es blieb aber nicht allein bei Aufträgen aus der Automobilbranche. Auch  Schulmöbel – viele Kinder in mexikanischen Schulen sitzen auch heute noch auf den von ihm entworfenen Bänken – und zahlreiche weitere Gebrauchsgegenstände wurden von ihm entworfen.

Albrecht Graf Goert bei einer Ausstellung in den 1990er Jahren in der Heimatstube Brunkensen

1989 kehrte er schließlich nach Brunkensen auf den Stammsitz seiner Familie  zurück. Fortan sein Lebensmittelpunkt. Doch trotzseines fortgeschrittenen Alters zog er sich keineswegs beruflich zurück. Auch von dort aus war er weiter als Designer tätig. 2004 feierte er seinen 90. Geburtstag im Gebäude der BMW Group Mobile Tradition in München mit zahlreichen Gästen. Sein letztes großes Projekt lieferte er im April 2005 ab. Eineinhalb Jahre vor seinem Tod entwarf er einen Flügel zum 125-jährigen Gründungsjubiläum der Firma Steinway & Sons. Das Instrument wurde in der Hamburger Niederlassung des Unternehmens präsentiert und in einer limitierten Auflage gebaut.

Der Roadster zierte 2015 auch eine Briefmarke der Deutschen Post.

Trotz seines großen Erfolges war Graf Goertz bescheiden geblieben. Es drängte ihn selten an die Öffentlichkeit. „Ich bin ein ausgeprägter Individualist“, pflegte er stets zu sagen. Das war er, Zeit seines Lebens.

Quelle: In Teilen, Thomas Jahns, Alfelder Zeitung vom 11.01.2014


Stiftung erinnert an Graf Görtz

Graf Görtz hat nicht nur ein reiches berufliches Erbe hinterlassen, sondern auch die Albrecht-Graf-von-Görtz- Stiftung. Daraus bekommt die Ortschaft Brunkensen nach Angaben des Stiftungsvorsitzenden pro Jahr etwa 5000 bis 6000 Euro, die für Aufgaben im Dorf verwendet werden.