Kriegsende und die Zeit bis zur Stilllegung
Am 08. April 1945 rückten amerikanische Truppen in Alfeld ein. Glücklicherweise wurden Befehle die Stadt zu verteidigen, und die Leinebrücken sowie alle kriegswichtigen Industrieanlagen zu sprengen, nicht mehr ausgeführt. Die Papierfabrik erlitt zwar keinen Schaden, doch die Arbeit ruhte. Erst am 03. September wurde die Produktion wieder aufgenommen, durch Transportstörungen aber immer wieder unterbrochen, da besonders die Kohlenversorgung im Winter 1945/46 außerordentlich stockte und wochenlange Stillstände verursachte.
Zur Verbesserung der Ernährungssituation wurde 1947/48 eine Anlage zur Gewinnung von Hefe aus Buchenablauge geplant und gebaut. Aus der eiweiß- und vitaminreichen Hefe ließen sich Nahrungsmittel und pharmazeutische Produkte herstellen; außerdem war sie auch als Tierfutter verwendbar.
1949 wurde das Kraftwerk der Papierfabrik durch zwei Hochleistungs-Dampfkessel und eine weitere Turbine ausgebaut. Mittels einer Rohrleitung über die Burgfreiheit wurde nun auch das Zellstoffwerk von der Papierfabrik aus mit Kochdampf versorgt.
Die Dampfleitung über die Burgfreiheit zum Zellstoffwerk im Jahre 1950
Ebenfalls 1949 erhielt das Zellstoffwerk ein neues Röstofengebäude mit Gasmasse-Röstofen. Das alte Kies- und Schwefelofengebäude wurde danach noch für verschiedene Zwecke genutzt, aber schon in den 1960er Jahren wurde der westliche Gebäudeteil, in dem sich früher der Kiesofen befand, abgerissen.
1952 bekam die Papierfabrik endlich einen Bahnanschluss, der über die Burgfreiheit auch bis vor das Zellstoffwerk führte. Gleichzeitig wurde auch – parallel zur Dampfleitung – eine Stoffleitung von der Zellstoff- zur Papierfabrik verlegt. Durch sie konnte der noch flüssige Zellstoff in die Papierfabrik gepumpt werden und wurde nun dort entwässert. Auch in die Spritfabrik wurde investiert: um die Reinheit des erzeugten Alkohols zu erhöhen, wurde sie durch eine Absolutierungsanlage ergänzt.
Blick auf das Zellstoffwerk aus Richtung Burgfreiheit in den 1960er Jahren. Das von der Papierfabrik aus herüberführende Anschlussgleis ist gut zu sehen; ebenso die von der Papierfabrik kommende Dampfleitung und die vom Zellstoffwerk zur Papierfabrik führende Stoffleitung.
Etwas jünger (nämlich von1967) und aus etwas größerer Entfernung das gleiche Motiv. Dieser Bereich ist heute kaum wieder zu erkennen…
Weitere Investitionen in das Zellstoffwerk erfolgten 1954, als das neue Röstofengebäude eine elektrische Gasreinigungsanlage und die Kocherei eine Laugenumwälzungsanlage erhielten.
Bereits gegen Mitte der 1950er Jahre gab es Überlegungen, das Zellstoffwerk langfristig auf das Gelände der Papierfabrik zu verlegen. Endgültig wurde die Entscheidung zwar erst Mitte der 1960er Jahre getroffen, aber die Veränderungen ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre deuteten schon in diese Richtung. So wurde 1956 auf dem Gelände der Papierfabrik ein neuer Holzplatz angelegt, der den Holzbedarf von vier Wochen aufnehmen konnte. 1958 wurde er durch die Inbetriebnahme einer Nassentrindung ergänzt, und die mühsame Entrindung des Holzes durch Handschälung gehörte nun der Vergangenheit an. Neben der Entrindung erfolgte hier jetzt auch die Herstellung der Holzhackschnitzel, die mit Großraumwagen in die Zellstoff-Fabrik transportiert wurden.
So sah es 1968 hinter der alten Öl- und Grützemühle an der Ecke Südwall/Winzenburger Straße aus. Hier befand sich nahe der Winzenburger Straße das „Wasserschloss“, ein Wasserverteiler, über welchen das Zellstoffwerk mit Warnewasser versorgt wurde. Das dicke Rohr im rechten Bild führt zur Wasserturbine des Werkes, die sich im Untergeschoß der Separation befand. Nach Abriss der Öl- und Grützemühle wurde näher am Zellstoffwerk ein neues „Wasserschloss“ gebaut. Es ist noch vorhanden und befindet sich links von der Ausfahrt des großen Hallenbad-Parkplatzes. Geht man den Schotterweg vom dortigen Parkplatz zum AOK-Gelände hinunter, sind auch noch Reste des Turbinendruckrohres zu sehen. Etwa dort, wo es heute endet, mündete es früher in die Separation ein.
Das Gelände, auf dem sich heute der große Hallenbad-Parkplatz befindet, in einer Aufnahme aus der Zeit zwischen 1968 bis etwa 1970. Die alte Öl- und Grützemühle (sie stand im Bereich der rechten Bildhälfte) ist bereits beseitigt worden. Vom Baubeginn des Hallenbades im Jahre 1970 ist jedoch noch nichts zu sehen. Im Hintergrund das Werksgelände des Zellstoffwerkes, von dem hier aber nur der Wasserturm gut zu sehen ist.
Das Zellstoffwerk im Jahre 1970. Auf dem Gelände der Papierfabrik begann in diesem Jahr der Neubau der Kocherei, mit deren Inbetriebnahme 1971 das Ende für die „Alte Zellulose“ kam. In der Bildmitte oben fällt der rote Ziegelbau der Holzputzerei auf. Bei ihr handelte es sich um das Kochergebäude von 1888, welches 1922 ausbrannte. Vor dem Gebäude ist einer der mit Holzschnitzeln beladenen Großraumwagen zu erkennen, sowie rechts daneben eine Halde dieser Schnitzel.
1965 erfolgte die endgültige Entscheidung für die vollständige Verlegung des Zellstoffwerks auf das Gelände der Papierfabrik, obwohl es interessanterweise noch kurz davor Pläne gab, die Kocherei der Alten Zellulose um einen weiteren Kocher zu erweitern. Aber diese Planungen wurden dann zugunsten einer kompletten Neuerrichtung des Zellstoffwerkes auf dem Papierfabriksgelände doch nicht weiter verfolgt.
Als erster Schritt in diese Richtung wurde dort 1965 die „Bleicherei“ gebaut.
Die neue Bleicherei mit Vier-Stufen-Bleiche, die das Anbleichen des Zellstoffs auf der Entwässerungsmaschine und die Vollbleiche mit den umständlichen Transporten nach Gronau und zurück überflüssig machte. Diesem ersten Schritt folgte als nächster die Planung der neuen Zellstoffkocherei. Mit dem Bau wurde 1970 begonnen. Ein Jahr später nahm sie mit vier Kochern von je 250 m³ Inhalt ihren Betrieb auf. Damit war das Ende des alten Zellstoffwerkes besiegelt.
Blick über die Wasseraufbereitung zur neuen Kocher
Luftbild der Papierfabrik aus den frühen 1970er Jahren. Man erkennt unten links von der Bildmitte die Bleicherei und noch weiter links davon das hohe Gebäude der neuen Kocherei.