Im Jahre 1933 erlangten die Nationalsozialisten die Macht im Deutschen Reich. 1934 setzte die NS-Regierung den ersten Vierjahresplan in Kraft. Mit planwirtschaftlichen Mitteln wurde der Rohstoffmarkt zunehmend straffer bewirtschaftet. Es wurde eine starke Autarkiepolitik betrieben die das Ziel hatte, in der Rohstoffversorgung möglichst unabhängig vom Ausland zu sein. Sie verlangte deutsche Produkte aus deutschen Rohstoffen. Der Sulfitaufschluss vom einheimischen Buchenholz wurde subventioniert, und Holzzellstoffe mehr und mehr zur Zellwolle-Erzeugung für die Textilindustrie herangezogen.
Im Rahmen dieser Bestrebungen begann auch im Alfelder Zellstoffwerk eine rege Bautätigkeit. 1936/37 erfolgte die Erweiterung der Kocherei um einen weiteren Zellstoffkocher mit 160 m3 Inhalt.
Dieses Bild aus der Zeit von etwa 1943 bis 1948 zeigt gleich mehrere der Veränderungen, die das Zellstoffwerk in der Zeit von 1937 bis 1942 erfuhr. In der Bildmitte ist zunächst die erweiterte Kocherei zu sehen. Sie hat ihr Aussehen merklich verändert. Das Gebäude wurde durch einen Anbau für den neuen Kocher in Richtung Südwall verlängert. Zusätzlich wurden auch die über den Kochern befindlichen Silos für die Holzhackschnitzel vergrößert. Dadurch, und weil auch die Förderanlage zum Füllen der Silos umgebaut und erweitert werden musste, veränderte man auch den Dachaufbau.
Zudem ist der Blick auf die Kocherei aus dieser Richtung jetzt frei, da der alte hölzerne Laugenturm durch die Inbetriebnahme des neuen Betonturmes (im Bildvordergrund) entfernt werden konnte. Das Bild kann damit etwa auf die Zeit von 1943 (Inbetriebnahme des neuen Laugenturmes) bis 1948 datiert werden, denn im Jahre 1949 wurde ein neues Gasmasse-Röstofengebäude errichtet, welches auf dem Bild – es müsste rechts neben dem Laugenturm stehen – noch fehlt. Dafür ist hier der Wasserturm gut zu sehen. Im Hintergrund links ist noch der Maischeturm der Sulfitspiritusfabrik (kurz: „Spritfabrik“) zu erkennen. Auf die Spritfabrik und den Laugenturm wird nachfolgend noch näher eingegangen.
Auch das vor der Kocherei stehende alte Kies- und Schwefelofen-Gebäude wurde in den Jahren 1937/38 umgebaut und modernisiert. In seinem westlichen Teil befand sich der Kiesofen, während im östlichen, niedrigeren Gebäudeteil der Schwefelofen untergebracht war.
Im Vergleich mit dem aus der gleichen Richtung aufgenommenen Bild der Kocherei um 1923 werden die Veränderungen deutlich!
Die wachsende Kriegsgefahr wirkte sich ebenfalls konkret auf die Bautätigkeit des Zellstoffwerkes aus. 1938 begannen die Planungen für einen Luftschutz-Stollen, der in den Hang unterhalb des heutigen Hallenbades hineingebaut wurde. Einer der Eingänge lag später hinter dem Laugenturm. Auf obigem Bild ist bei genauem Hinsehen die dem Eingang vorgelagerte, palisadenartige und wohl aus Holzstämmen bestehende Splitterschutzwand zu erkennen. Beim Bau des neuen Röstofengebäudes 1949 muss der Stollen jedoch im Wege gewesen, und überwiegend beseitigt worden sein.
Blick auf das erweiterte Kochergebäude vom Südwall aus (AZ vom 07.11.1964)
Am 01. September begann der 2. Weltkrieg. Schon die ersten Kriegswochen führten zu Produktionseinschränkungen. Bewährte Fachkräfte wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Die Kohlenzufuhren stockten, es fehlte an wichtigen Hilfsstoffen und Improvisationen gehörten zum Alltag. Dennoch wurden auch diese widrigen Umstände bald soweit gemeistert, dass gegen Ende des ersten Kriegsjahres die Produktion fast wieder den Vorkriegsstand erreichte. Und trotz der ungünstigen Verhältnisse während des Krieges wurden weitere Projekte begonnen und ausgeführt. So begann 1940 die Planung zum Bau des schon erwähnten neuen Laugenturmes, und 1941 erfolgte mit dem Bau eines neues Pförtner- und Wiegehauses, sowie eines Sanitäts- und Feuerspritzengebäudes die völlige Neugestaltung des Werkseinganges vor der Spritfabrik.