Leine-Hochwasser 1946

In der Nacht vom 8. zum 9. Februar 1946 verursachte eine plötzlich auftretende Wärmewelle eine Schneeschmelze, wie sie bis dahin noch nie beobachtet worden war. Da das noch hartgefrorene Erdreich die Wassermassen nicht aufsaugen konnte, bildeten sich an den Hängen wahre Sturzbäche, die sich hemmungslos in die Täler ergossen und große Schäden anrichteten.
Im Leinetal kamen und stiegen die Wassermassen so schnell, dass es nötig wurde, die Feuerwehr zu alamieren, um die noch schlafenden Bewohner der Ziegel- und Vormaschhäuser zu wecken und zu warnen.
Die Leine zerwühlte die Gärten, riss die Einfriedigungen und Gartenhäuser mit sich, drang in die Kellerräume und Erdgeschosse und stieg so hoch, dass die Burgfreiheit und Bahnhofsstraße überflutet und jeglicher Bahnhofsverkehr unterbunden wurde.
Ein dürftiger Pendelverkehr vom und zum Bahnhof konnte nur durch schwere Wagen aufrecht erhalten werden .
Da die Papierfabrik gänzlich unter Wasser stand, war eine Stilllegung bis zum Sinken des Wasserstands nötig.
Diese Februarüberschwemmung war die Höchste, die Alfeld je erlebte. Ein „Zeichen“ an der Postmauer gibt Kunde davon.
Aber nicht nur die im Tal der Leine wohnenden Alfelder wurden in Not und Angst versetzt. Diesmal blieb auch das hochgelegene Alfeld, der Antonianger und die Weiße Erde nicht verschont.

Die austretenden Wassermassen der weiten Hänge des Dorfes Sack und der umliegenden Berge – Himmelberg usw. machten die sonst so zahme Warne zu einem tosenden Wildbach. Die Langenholzer Dorfstraße glich einer Schlammoräne, die unpassierbar war. Das Wasser drang in Ställe und Häuser, traten über die Ufer und setzten auf Alfelder Gebiet den Antonianger und die Weiße Erde unter Wasser. Da Gestrüpp, Laub usw. mitgerissen wurde, entstand am Warneverteiler in den Anlagen eine „Verstopfung“ der die Roste überlaufen ließ, so dass sich die angestauten Fluten in die schönen Anlagen ergossen, die bald in einen See verwandelt wurden. Bäume, Sträucher  usw. wurden ausgerissen. Die Kalandstraße konnte dem nichts entgegensetzen, so dass sie überflutet und weggespült wurde.
Das Steigen des Wassers endete erst dann, als ein Abfließen über die Hildesheimer Straße in den von Kuhlmannschen Park stattfinden konnte.

Und die Anlagen?
Der Goldfischteich war ein Schlammloch. Das blumige Steinbeet war zerrissen. Die weißen Birken und die samtgrünen Fichten lagen ausgerissen und zerbrochen im Dreck, die saubern Wege waren zu einem tiefen Graben ausgewühlt und weggespült. Die jüngste Straße – die Kalandstraße – war monatelang unpassierbar. Ihre Wiederherstellung erforderte ungezählte Fuder Boden und Steine. Aber die Beseitigung der Schäden und die Instandsetzung der Anlagen wurde nicht aufgeschoben. Aus Gräben wurden wieder Wege. Saubere Rasenplätze ergrünten. Die weißen Bänke wurden wieder aufgestellt. Und nun – 1950 – finden die Menschen hier wieder die langentbehrte friedesame Ausruhstunde.

Quelle: Windel’sche Chronik 1950 – (in Auszügen und sprachlich angepasst)