Verlag und Redaktion wünschen allen Lesern der Alfelder Zeitung ein frohes neues Jahr
Alfeld. Stadtdirektor Dr. Christof Toetzke und Bürgermeister Ludwig Köbler haben gut lachen: Statt im Trüben tischten sie in der offenen Warne in der Marktstraße und zogen gleiche mehrere docke Fische an Land.
Auch wenn das Kind – Verzeihung – das Kriegerdenkmal in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist und auf dem Marktplatz stehen bleiben Muss – am Erfolg der Stadtsanierung und insbesondere an der offenen Warne ändert sich dadurch allerdings nichts.
Der Wermutstropfen, den das Institut des Landesverwaltungsamtes für Denkmalpflege den Stadtvätern und ihren Bürgern eingeschenkt hat, verdarb zwar etwas die Stimmung zum Fest, dennoch sehen die Politiker gemeinsam mit der Verwaltung optimistisch in die Zukunft. 1990 soll die Stadtsanierung in bewährter Form fortgesetzt werden – die Weichen dazu sind gestellt.
Zum Jahreswechsel ließen sich Ludwig Köbler und Dr. Christof Toetzke spontan zum Fotospaß an der Warne überreden, um in dieser Form allen Alfelder Bürgern ein erfolgreiches, glückliches und friedvolles neues Jahr zu wünschen. Die Fische für den Silvester-Gag lieferte Richard Gelbke aus Langenholzen, der die Hobbyangler aufmerksam beobachtete.
So erfolgreich wie auf dem Foto waren die Stadtväter allerdings nicht – noch immer finden sich in der Marktstraße einige Forellen.
Petri Heil 1990.
Marktstraße mit offener Warne eine Attraktion im Stadtbild
An der Schwelle zu einem neuen Jahrzehnt stehen wir in diesen Tagen ganz unter dem Eindruck der Ereignisse in Osteuropa.
Als Zeitzeugen haben wir politische Entwicklungen miterleben dürfen, die noch vor wenigen Monaten niemand von uns zu hoffen gewagt hätte. Ganz besonders die dramatischen Ereignisse in der DDR mit den noch nicht absehbaren Folgen haben uns alle den Atem anhalten lassen. Es steht schon heute fest, dass 1989 in der deutschen – aber auch europäischen – Geschichte einen herausragenden Platz als historisches Jahr einnehmen wird.
Da fällt es schwer, in der Silvester-ausgabe der Alfelder Zeitung beim Jahresrückblick den lokalen Ereignissen eine angemessene Würdigung zukommen zu lassen. Dennoch wird in diesen Tagen einmal mehr deutlich geworden sein, wie sich für den Bestand einer demokratischen Staatsform Beteiligung und feste Beziehung des Bürgers zu seinem Gemein-wesen, sprich Stadt oder Gemeinde, als unabdingbar erweisen.
So werden alle aufmerksam den weiteren Ausbau unserer Fußgängerzone verfolgt haben. Ende Oktober konnte die Fertigstellung der sogenannten zweiten Ausbaustufe, die die Markstraße und die Sedanstraße umfasst, mit einem eindrucksvollen Stadtfest unter großer Bürgerbeteiligung gefeiert werden. Vor allem die Marktstraße mit der offenen Warne ist mittlerweile zu einer besonderen Attraktion in unserem Stadtbild geworden.
Auch im neuen Jahr sind weitere bedeutende Sanierungsmaßnahmen geplant. So wird endlich der Ausbau des Marktplatzes als Mittelpunkt der Stadt vollendet werden können. Dabei wird für viele vorweg als unbefriedigend die Feststellung gelten: Das Denkmal von 1871/72 bleibt auf dem Marktplatz. Der Wille von Rat und Verwaltung – sicherlich getragen von der Mehrheit der Bürgerschaft – hat sich gegen die Denkmalspflege nicht durchsetzen können.
Es gilt nunmehr, mit einem Kompromiss zu leben. Aber die Alfelder haben in ihrer 730jährigen Stadtgeschichte einige Kompromisse schließen müssen. Sie sind damit, wie die erfolgreiche und stolze Entwicklung unserer Stadt zeigt, stets recht gut fertig geworden.Wir wünschen Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für das kommende Jahr Frieden, Gesundheit, Glück und Erfolg.
Das war das Jahr 1989 in Stadt und Land
1989: Ein bedeutendes Jahr für die Stadt Alfeld
Aufstieg zur Selbständigkeit war das Thema Nummer eins – Zahlreiche Jubiläen und Geburtstage sorgten für Abwechslung
Wer die Zeitungsbände der vergangenen zwölf Monate durchblättert merkt schnell, dass 1989 ein Jahr der Jubiläums- und Geburtstagsfeiern, aber auch der Verabschiedungen war. Darüber hinaus sorgten außer der Stadtsanierung, sich wieder wie ein roter Faden durch die 365 Tage zieht zahlreiche Baumaßnahmen und natürlich das Wetter für umfangreichen Gesprächsstoff in der Stadt und in den Ortsteilen.
Das Thema Nummer eins für die Verwaltung und die Politiker war allerdings Alfelds Ernennung zur selbständigen Stadt im Juli, Nachdem am 1. Februar aus dem Niedersächsischen heraus grünes Licht signalisiert wurde, ging es bei der Stadtverwaltung richtig rund, Denn: Einige Umbauten und Umstellungen im organisatorischen Bereich waren erforderlich.
Den Auftakt für Veränderungen und Wechsel in öffentlichen Ämtern und Positionen bildete die Friedenskirche im Februar. In einer feierlichen Ordination wurde Hartmut Merten als erster gemeindeeigener Pastor in sein Amt eingeführt. Ebenfalls im Februar gab es bei der Alfelder Kreissparkasse während einer Feierstunde viel Anerkennung für eine beispielhafte Berufskarriere: Direktor Heinz Plate trat in den Ruhestand.
Reverenz für „Gute Geister“
Drei Monate später, im Mai, bekam die Mutter des DRK“ stehende Ovationen. Erika Klages, stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende, sich nach 20 Jahren verdient zur Ruhe und übergab ihr Amt an Christa Wunderlich. Anfang September überließ der Leiter des Finanzamtes, Regierungsdirektor Dr. Hellmut Rogowski, seinen Sessel Regierungsdirektor Erwin Pätz. Gegen Ende des Monats hieß es dann für das Alfelder Altenheim Abschiednehmen. Ungezählte Gäste erwiesen den „guten Geistern“ Pastor Sigvard Bensch und Schwester Erika Bähre ihre Reverenz.
Dass die Alfelder und die Bewohner der Ortsteile große Feste feiern können, bewiesen sie in diesem Jahr immer wieder aufs Neue. Beispielsweise stand Limmer von April bis Juni ganz im Zeichen der 650-Jahr-Feier. Eine Ausstellung, die die Dorfgeschichte dokumentierte. ein Kommers sowie ein Umzug bildeten einen gelungenen Veranstaltungsrahmen.
Außerdem sorgten viele 40. Geburtstage – verteilt über das Jahr – für eine abwechslungsreiche Zeit: Bereits im Februar lud unter anderem der Beratungsring seine Mitglieder und Gäste ein. Dem schloss sich im April der Missionskreis an, und im Juni baute der TTC Wispenstein für drei Tage die Festzelte auf. Mit Spiel und Spaß im Freibad sowie einem Ball zog der SC Neptun im Juli die Blicke auf sich.
Aber auch der ehemalige Turnkreis Alfeld besann sich im Dezember auf die Anfänge der Turnbewegung im Altkreis vor 40 Jahren und ehrte verdiente Mitglieder. In den Reigen der 40er reihte sich im November noch die Kulturvereinigung ein – sie lud zu einer anspruchsvollen Matinee ein. Für die Alfelder Zeitung war die 40 ebenfalls eine magische Zahl: Im November 1949 durfte sie erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder erscheinen.
Schnipkoweit zweimal Gast
Anerkennung von allen Seiten wurde im August dem DRK-Ortsverein Alfeld gezollt, der seit nunmehr 75 Jahren besteht. Genauso alt ist der DRK-Ortsverein Eimsen, der im Oktober mit Landrat Friedrich Deike anstieß.
Sozialminister Hermann Schnipkoweit machte sich 1989 gleich zweimal auf den Weg in die Leinestadt, um dort zu feiern: So war er im Juni beim 25jahrigen Jubiläum des Vereins Altenheim der Inneren Mission mit von der Partie und kam zum 25jährigen Bestehen des Kreis- und Stadtkrankenhauses im September erneut nach Alfeld.
Nicht vergessen werden darf auf der Liste der Feierlichkeiten der 115jährige Geburtstag der Alfelder SPD im November, bei dem Bürgermeister Ludwig Köbler zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. In Hörsum bejubelten die Sozialdemokraten bereits im September das 70jährige Bestehen ihres Ortsvereins.
Doch es gab im zurückliegenden Jahr nicht nur Grund zum Jubeln und Feiern. Für einige Aufregungen und heftige Diskussionen sorgte der Ausbau der Ortsdurchfahrt in Langenholzen. Nach monatelangem Tauziehen hatten sich alle Beteiligten schließlich auf eine Lösung geeinigt. so dass Anfang August die Ausbauarbeiten begannen.
Als Ende August die Scheune an der Warnebrücke abbrannte, wurden die Pläne jedoch über den Haufen geworfen – der Streit um die beste Ausbaulösung entfachte erneut. Noch ist nicht geklärt, welche der drei Lösungsvorschläge zum Zuge kommt: der Landtagsausschuss für Wirtschaft und Verkehr soll im nächsten Jahr Licht ins Dunkel bringen.
Rekordbesuche im Freibad
Erfreuliches gab es demgegenüber von der Alfelder Jugend-Musikszene zu berichten. Knapp tausend Zuschauer kamen im April zum zweiten Pophammer des Stadtjugendringes (SJR). 14 Stunden lang verwandelten elf Bands die Aula der Schulrat-Habermalz-Schule in eine Konzerthalle. Schließlich sorgte der SJR im November für eine Premiere: Gewissermaßen als Geburtstagsgeschenk zum eigenen zehrjährigen Bestehen präsentierte er vier Alfelder Bands auf einer CD.
Die Alfelder Musikschule rückte im Juni in das Blickfeld der Bürger Denn: der Vorstand beschloss ihr einen neuen Namen zu geben – sie wurde in „Gerhard-Most-Musikschule“ umgetauft.
Für immer neuen Gesprächsstoff sorgte zu jeder Jahreszeit das Wetter. Schon im Januar ereigneten sich bei Glatteis viele Unfälle, die nicht immer glimpflich endeten. Strahlender Sonnenschein und wahre Hitzewellen zogen Groß und Klein im Sommer ins Freibad, das wahre Rekordbesuche verzeichnete. So tummelten sich beispielsweise am 17. Juli 4500 Besucher im kühlen Nass.
Zu schaffen machte der trockene Sommer aber den Landwirten, die um ihre Ernte bangten und den Förstern, die Waldbrände fürchteten.
Begeisterung über die offene Warne – Ärger um das alte Kriegerdenkmal
Alfeld erneut im Zeichen der Stadtsanierung – 2. Bauabschnitt beendet
Das Jahr 1989 hatte es in sich. Die geradezu stürmische Entwicklung in den Ostblockstaaten mit der Maueröffnung am 9. November und dem Sturz des Diktators Ceausescu am 22. Dezember stellte nahezu alle anderen Themen klar in den Schatten: 1989 wird als Jahr des Umbruchs und des Aufbruchs in die Geschichte eingehen. Lokale Ereignisse rückten angesichts der friedlichen Revolution in der DDR zwangsläufig in den Hintergrund – dennoch gab es auch in Alfeld genügend Diskussionsstoff.
Wie ein roter Faden zog sich erneut die Stadtsanierung durch die zurückliegenden zwölf Monate. Dem Ärger im Januar über notwendige Nachbesserungen in der Winde folgten positive Aspekte: Der vorzeitige Baubeginn in der Kurzen Straße im Februar zum Abschluss des l. Bauabschnitts auf Initiative der Anlieger und der Startschuss für den 2. Bauabschnitt im April.
Lösung für Seminarstraße
Zufrieden zeigten sich Ende März außerdem die Anlieger der Seminarstraße. Nach hartem Kampf fand sich für diesen vom Durchgangsverkehr gebeutelten Straßenzug eine überraschende Lösung, der Marktplatz wurde kurzerhand verkehrstechnisch dichtgemacht.
Mit Kletterpflanzen versuchte die Stadt im April mehr Grün in die bestehende Fußgängerzone zu bringen, während am Perkwall, in der Marktstraße und später in der Sedanstraße die große Buddelei einsetzte. Vor allem am Perkwall, bzw. im Einmündungsbereich Ständehaus-, Perk- und Sedanstraße sorgten unangenehme Überraschungen im Erdreich für schier endlose Verzögerungen.
Anlieger der Holzer Straße liefen im August schließlich Sturm und forderten eine Änderung der Verkehrsführung für ihren Bereich, doch schon im September war das Thema wieder vom Tisch. ,,Es bleibt wie es ist“, entschied der Planungsausschuss, die nicht unerheblichen Behinderungen seien nur vorübergehend.
Grandioses Stadtfest
In der Marktstraße kochte zwischenzeitlich ebenfalls die Volksseele, die Arbeiten gingen den Geschäftsleuten zu schleppend voran. Regelrecht kurios verlief im Oktober das Warten auf das Warnewasser: erst fragten sich die Bürger, ob es zum Stadtfest rechtzeitig klappt, dann plätscherte der Bach in seinem neuen Bett, als er es im Grunde noch gar nicht sollte. Die Irritation währte jedoch nicht lange. Pünktlich zur Einweihung des 2. Bauabschnitts ließen Bürgermeister Ludwig Köbler und Stadtdirektor Dr. Christof Toetzke unter dem Jubel unzähliger Alfelder Ende Oktober der Warne in der Marktstraße freien Lauf, während die Werbegemeinschaft das denkwürdige Ereignis im Rahmen eines grandiosen Stadtfestes würdigte.
Die offene Warne – in der Planungsphase von zahlreichen Kritikern noch geschmäht – stieß auf ungeteilten Beifall; Alfeld, so die einhellige Meinung nach dem rauschenden Festwochenende, ist um eine tolle Attraktion reicher. Der Euphorie folgte am Jahresende allerdings die Ernüchterung: „Am Kriegerdenkmal“, meldete die AZ am 13. Dezember, ,,führt kein Weg vorbei.“
Dämpfer am Jahresende
Alle Bemühungen, das Institut des Landesverwaltungsamtes für Denkmalpflege zu überzeugen, scheiterten, statt auf dem Marktplatz durch eine Umsetzung des Denkmales frei planen zu können, müssen die Stadtväter nun in den sauren Apfel beißen und das Kriegerdenkmal an seinem alten Standort stehenlassen. Die Planungen des Architekten sowie die Vorschläge der Bürger für einen neuen Brunnen wanderten indessen in den Papierkorb.
Quelle: Alfelder Zeitung vom 30. Dezember 1989 – Jahresrückblick für die Stadt Alfeld von Matthias Aschmann und Stephanie Wille