1982 – Die Sorgen sind gewachsen
Aber 1982 brachte auch erfreuliche Fortschritte – Gedanken an der Schwelle des neuen Jahres
Es wäre schön, könnte man den heimischen Raum unter eine Glasglocke stellen, die ihn vor allen Stürmen und Widrigkeiten der Welt „da draußen“ abschirmt. Aber der Versuch einer nüchternen Bilanz an der Jahreswende muss davon ausgehen, dass die Lage in der Welt und das Geschehen in der Heimat enger miteinander verknüpft sind, als es uns lieb ist.
Vor einem Jahr stand über der Silvesterbetrachtung „Die mageren Jahre“, und es gehörte keine Prophetengabe dazu, ein solche Überschrift zu wählen. Wir haben inzwischen gelernt, uns mit dem enger gewordenen Spielraum für kommunale Entscheidungen abzufinden.
Damit aber gewinnt der Zeitfaktor größere Bedeutung. Die Mühlen des Fortschritts mahlen langsamer – fast ist es schon ein Glück, dass sie überhaupt noch mahlen. Auf diesem grauen Hintergrund gewinnen die erfreulichen Ereignisse des Jahres 1982 doppelten Glanz.
Es spricht für den ungebrochenen Optimismus der Stadt Alfeld, dass sie 1983 zum festlichen Jahr erklärt hat, in dem sie die erste urkundliche Erwähnung der Stadt vor 725 Jahren zusammen mit einer Reihe von Jubiläen von Innungen, Vereinen und Verbänden feiern will. Sie dokumentiert damit auch ihren Selbstbehauptungswillen. Allen ihren Anstrengungen zum Trotz lässt es sich nämlich nicht leugnen, dass der Verlust des Kreissitzes manche Wege länger und durch das Einfügen des Altkreises Alfeld in einen größeren Rahmen Entscheidungen auch komplizierter gemacht hat. Symptomatisch dafür ist der Ton im Kreistag, der oft die Grenze zur Gehässigkeit streift, wenn nicht überschreitet. Hier ist man offenbar noch weit von der Erkenntnis entfernt, dass es gerade in schweren Zeiten zusammenzurücken gilt.
Am Jahresende erreichte die Arbeitslosenquote bei uns die Rekordmarke von 11,4 Prozent. Hinter dieser nüchternen Zahl verbirgt sich die Belastung vieler tüchtiger Menschen, die bei allem Fleiß und gutem Willen keine Arbeit finden. Von dieser Entwicklung besonders schwer betroffen ist der Duinger Raum, wo die Schließung der Vereinigten Ziegelwerke in Coppengrave den vorläufigen Schlussstrich unter den schon seit Jahren anhaltenden industriellen Niedergang setzt. Wer wünschte nicht, dass damit die Talsohle erreicht wäre und es wieder aufwärts ginge!
Töne der Besorgnis aber hört man auch aus den anderen Städten und Gemeinden. So blickt man teils mit Skepsis, teils mit Hoffnung auf den voraussichtlichen Termin der Bundestagswahlen am 6. März 1983. Damit wird uns zum drittenmal hintereinander ein Wahljahr präsentiert: 1981 wählten wir die Kommunalparlamente, 1982 den Landtag, und nur die Fredener mussten auch in diesem Jahr noch einmal zu den kommunalen Wahlurnen gehen. Dieses Ereignis, das auf einem Zählfehler beruhte, bekam durch die Begleitumstände den Charakter einer politischen Komödie. Ihr vorläufig letzter Akt ist in dem Wahlausgang zu sehen, der für eine politische Pattsituation sorgte, einem Einzelbewerber die meisten Stimmen brachte und die Wahl des Bürgermeisters durch Losentscheid herbeiführte. Jetzt sind in Freden politische Entscheidungen fast so schwer zu erzielen wie in der EG – doch sollte der nüchterne Sinn der Fredener trotzdem bei Sachentscheidungen den rechten Weg finden.
Die Samtgemeinde Freden wird ebenso wie ihre Nachbarn in Sibbesse und Lamspringe vom Neubau der Bundesbahn-Schnellstrecke betroffen, gegen den sich Bürgerinitiativen zusammenschlossen, die das Projekt nicht verhindern, aber doch Verbesserungen der Streckenführung erreichen konnten. Das Planfeststellungsverfahren steht hier noch vor der Tür, während zwischen Rhön und Spessart schon gewaltige Tunnel durch die Berge vorgetrieben wurden und eine Riesenbrücke das Maintal zu überspannen beginnt. Auch hier wird man mit einer technischen Entwicklung leben müssen, bei der für ein großes Ziel viele Opfer im kleinen gebracht werden müssen.
Sind hier die Fortschritte des Bauvorhabens offensichtlich, so steht die Lösung der Alfelder Verkehrsprobleme durch den Bau der Nordtangente vorerst noch auf dem Papier. Man hofft zuversichtlich, dass im Frühjahr das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen werden kann. Gegen das Projekt gibt es keine ernstzunehmenden Gegenstimmen, nur gegen die Leinebegradigung zieht noch eine Bürgerinitiative zu Felde. Schwerwiegende Verzögerungen können jedoch nach wie vor die leeren Landeskassen bewirken.
Allerdings hätte die Stadt Alfeld wegen ihrer Vorleistungen auf dem Verkehrssektor die Nordtangente redlich verdient. So wurde in diesem Jahr nach mehrjähriger Bauzeit der WalterGropius-Ring fertig und damit die süd-östliche Umgehung des Stadtkerns. Hier bleibt die Einmündung auf die Burgfreiheit problematisch, doch kann man sich verständlicherweise hier nicht mehr für eine teure Zwischenlösung entscheiden. Auch weiß keiner, wie lange wir noch mit der zu schmalen Leinebrücke als besonderem Verkehrshindernis leben müssen.
Gut gelungen ist der Zentrale Omnibusbahnhof in Alfeld, wenn auch wegen der schwierigen Verhandlungen mit der Bundesbahn die Parkplätze für Pkw noch auf sich warten lassen und der ganze Bahnhofsvorplatz einer Neugestaltung bedürfte, die ihn zur würdigen Visitenkarte Alfelds macht.
Großzügig war man bei der Einführung des Alfelder Stadtbusverkehrs mit zwei erweiterten Linien. Auch hier wird man in kommenden Jahren über die Art und Weise der Weiterführung befinden müssen, und die Alfelder und ihre Gäste können nur hoffen, dass von den positiven Seiten dieser Neuregelung so viel wie möglich erhalten bleibt, eine noch bessere Anpassung an den Bundesbahnfahrplan erreicht wird und die offensichtlichen Schwachstellen in der Benutzung überbrückt werden können.
Zum Zankapfel zwischen Stadt und Landkreis drohte der Bau des Feuerwehrgerätehauses in Alfeld zu werden, auf den die Feuerwehr nun schon seit Jahren wartet und den dieser wichtige Feuerwehr-Schwerpunkt wegen der längst unzureichend gewordenen Unterbringung der Fahrzeuge auf der Winde auch bitter nötig hat. Der Streit um die Zahl der Fahrzeugboxen wurde schließlich mit einem vernünftigen Kompromiss beigelegt – hoffen wir nun also auf den Baubeginn im neuen Jahre. Dass daneben auch die Ortswehren nicht vergessen sind, beweisen die Fahrzeugübergaben in Eimsen und im Fredener Gemeindebereich in Meimerhausen.
In Alfeld rundete sich eine Traditionsinsel in der Innenstadt ab durch die Umsetzung der Gebäude des Stiftes St. Elisabeth, die im September neu eingeweiht wurden. Die Kapelle und das Kirchenkreisamt samt Kalandsaal sind zu einem Schmuckstück der Stadt geworden. Durch die räumliche Nähe von St. Nicolai, Superintendentur und Lutherhaus ist ein evangelisches Kirchenzentrum entstanden, das weit und breit seinesgleichen sucht.
In aller Stille wuchs ein weiteres historisches Gebäude seiner neuen Bestimmung entgegen: das Ravenhaus in der Perkstraße, das bald als Altenwohnheim bezogen werden kann. Gronau hat mit dem Engelbrechtschen Hof gleichfalls ein ehrwürdiges altes Gebäude erhalten und sich damit zugleich ein örtliches Heimatmuseum geschaffen. In neuem Glanz erstrahlt die Klosterkirche Lamspringe, die Bischof Heinrich Maria Jannssen einweihte.
Zwei soziale Einrichtungen die weit über die Stadt Alfeld ausstrahlen wurden ebenfalls 1982 eingeweiht: Das neue Gebäude des DRK-Kreisverbandes, das nicht nur die mannigfachen DRK-Einrichtungen beherbergt, sonder als Begegnungsstätte für Behinderte auch dieser Art neue Impulse gibt.
Ähnliches lässt sich für das Haus der Sozialarbeit der Arbeiterwohlfahrt sagen. Die Bedeutung beider Häuser unterstrichen die hohen Gäste bei der Einweihung: beim DRK Sozialminister Hermann Schnipkoweit, bei der AWO sein Vorgänger Kurt Partzsch, heute Bundesvorsitzender dieser Wohlfahrtsorganisation.
Der Landesminister für Wissenschaft und Kunst, Johann-Tönjes Cassens, war in Grünenplan bei der Eröffnung des neuen Fremdenverkehrszentrums im August zugegen. Die Grünenplaner Schützen übergaben eine neue Schießsportanlage ihrer Bestimmung, und in Alfeld entstanden neue Tennisplätze, die im nächsten Jahr bespielbar sein werden.
Ihrer Vollendung gehen auch die neuen Räume der Alfelder Bürgerschule entgegen, die baufällig gewordene Pavillons ersetzen müssen.
Nach wie vor heftig diskutiert wird weit über Alfeld hinaus über das neue Berufsschulzentrum, das nach der Vollendung des ersten Bauabschnitts an einem Tag der offenen Tür besichtigt werden konnte und das wir schon vorher unseren Lesern ausführlich vorstellten.
Es fehlte 1982 nicht an alarmierenden Nachrichten: Auch unsere Wälder bedroht der saure Regen; die ersten Monate brachten wieder Hochwässer im Leinetal, wenn auch nicht in dem verheerenden Ausmaß von 1984, und in Eimsen sorgte ein Felssturz für Aufregung.
Die Ereignisse in Polen lösten Hilfsaktionen aus, die oft unter großen Schwierigkeiten die Empfänger erreichten.
Wie in jedem Jahr musste von verdienten Persönlichkeiten Abschied für immer genommen werden; stellvertretend für alle sei hier der lang jährige SVA-Vorsitzende und alte Turner Dr. Hansjörg Suck genannt.
Zu Beginn des Jahres trat Heinrich Stadler aus Föhrste den wichtigen Posten als Präsident der Landwirtschaftskammer Hannover an. Am Jahresende wurde Hermann Rappe Bundesvorsitzender der IG Chemie, Papier, Keramik, den seit langem mit Alfeld und dem Landkreis Hildesheim enge Bande verknüpfen.
Wie immer konnten wir aus dem Geschehen des Jahres nur eine kleine Auswahl treffen. Vieles ließe sich ergänzen, von der Pflege internationaler Beziehungen über die vielen Feste bis hin zu den sportlichen und kulturellen Ereignissen.
Unser Beitrag aber sollte in erster Linie zu eigenen Gedanken über die Zukunft anregen, die ihre Wurzeln in vielen Ereignissen der Vergangenheit hat. Mit dem zeitlichen Abstand werden sich ohnehin die Perspektiven über die Bedeutung der genannten Ereignisse verschieben.
Es ist gut, dass viele Dinge noch im Fluss sind, dass wir noch vieles zu erwarten und auch einiges zu befürchten haben. Das beweist nämlich, dass wir in einem lebendigen Raum leben, den viele Fäden mit der Entwicklung in unserem Lande Niedersachsen, in Deutschland und in der ganzen Welt verbinden.