1978 – Ein ganz gewöhnliches Jahr
Wir blättern für unsere Leser in den Zeitungen der letzten zwölf Monate
Wenn wir – wie in jedem Jahr – die Zeitungen von zwölf Monaten durchblättern, um die wichtigsten Ereignisse für unseren Rückblick herauszufinden, so waren wir uns der Schwierigkeiten dieses Unternehmens wohl bewusst. Was für den einen ein in sein Leben einschneidendes Ereignis ist, das lässt den anderen völlig kalt. Die Fülle der mitteilenswerten Tatsachen zwang uns überdies dazu, ganze wichtige Bereiche – so den Sport und die Kultur – auszuklammern und uns auf die Dinge zu beschränken, die in der Zeitung allgemein unter „Lokales und Kommunalpolitik“ zusammengefasst werden.
Auch hier konnten wir nur das auswählen, was uns unmittelbar aus Schlagzeilen und Bildern entgegensprang. Wir wissen sehr wohl, dass sich viele Entwicklungen über Jahre hinziehen, dass bedeutungsvolle Entscheidungen oft getroffen werden, ohne dass man sie sofort an die „große Glocke“ hängt. Der Kalender teilt eben das Geschehen doch in recht grober Weise in einzelne Abschnitte ein, und ein Jahr ist schließlich nicht mehr als ein Tropfen im Meer der Ewigkeit. Dennoch, wir müssen an alles unsere oft unzulänglichen Maßstäbe anlegen, und wie wir selbst bedachtsam kritisieren, so stellen wir uns auch jeder Kritik.
Die Überschrift „Ein ganz gewöhnliches Jahr“ ist als Herausforderung an den Leser gedacht. Er soll angesichts des Jahresrückblicks erkennen, dass es der spektakulären Ereignisse nicht unbedingt bedarf, um einem Jahr Rang und Gewicht zu geben. Die Stadt Alfeld, durch den Verlust des Kreissitzes hart getroffen, hat ganz im Stillen die Kräfte mobilisiert, die sie befähigen sollen, diesen Schlag zu überstehen. Langjährige Planungen reiften soweit, dass nun ihre Verwirklichung abzusehen ist. All das geht nicht problemlos über die Bühne, es ist mit Diskussionen und Auseinandersetzungen verknüpft, ohne die das Leben in Städten und Gemeinden fad und witzlos wäre. Wir werden den Fortgang der Entwicklung auch weiterhin wohlwollend und kritisch zugleich beobachten und unsere Zeitung wie bisher in den Dienst demokratischer Willensbildung stellen.
JANUAR
1978 begann in Alfeld sehr friedlich ohne Unfalle durch Alkohol oder Feuerwerkskörper. Der Polizeiabschnitt Alfeld wurde im Zug der Gebietsreform in Polizeirevier umbenannt, behielt aber seine alte Zuständigkeit. Großer Schaden entstand am 11. durch eine Explosion an der Milchtrocknungsanlage in Harbarnsen, als ein Trockenzylinder durchglühte. Im Vertrauen auf den Wettergott wurden die Preise im Alfelder Freibad nicht erhöht, die Enttäuschung blieb später nicht aus. Am 18. gab der Winter ein Gastspiel, das nur kurze Zeit dauerte. Der Alfelder Etat wurde am 19. mit einem Gesamtvolumen von 43,8 Millionen DM einstimmig verabschiedet.
Ein bis zum heutigen Tag noch nicht beendetes Streitgespräch wurde am 21. mit einem Artikel über die Bevorzugung der Stadt Hildesheim bei der Kreisumlage für eine große Öffentlichkeit dargestellt. Traditionsgemäß feierten Alfelds Handel und Handwerk im Saal des Hotels Steinhoff am 21. ein rauschendes Fest. Der Präsident des Niedersächsischen Landvolks, Heinz Bockhop, sprach auf der Landvolk-Kreisversammlung am 23. Drei Todesopfer forderte am 26. ein Unfall auf der eisglatten B 3 nördlich von Elze. Einen Tag später starben zwei junge Alfelder bei einem Überholmanöver auf der B 1 bei Burgstemmen. über die Vorbereitungen des Berufsschulbaus in Alfeld informierte sich der Kreisbauausschuss.
FEBRUAR
Eine Besichtigung der Müllagerstätten wies Anfang des Monats auf das dringende Problem der Abfallbeseitigung hin. Mit der Planung für den Operationstrakt des Alfelder Krankenhauses wurde begonnen, doch hielt Minister Schnipkoweit die Finanzierung erst für 1979 für möglich. Für 30jähriges Wirken an der Spitze des Bezirks im Deutschen Allgemeinen Sängerbund wurde Fritz Büchting geehrt. Die Bürgermeister, Stadt- und Gemeindedirektoren des Landkreises Hildesheim wurden sich darüber einig, dass der Einkreisungsvertrag mit der Stadt Hildesheim revidiert werden muss, geschehen ist bis heute noch nichts. Trotz der Auflösung des Regierungsbezirks Hildesheim bleibt die Handwerkskammer Hildesheim weiterhin selbständig. Die Fredener Schützen feierten am 18. den 75. Geburtstag ihres Vereins. Als unvermeidliche Folge der Kreisreform wurde die Kreisvolkshochschule Alfeld am 20. durch einstimmigen Beschluss einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aufgelöst. Der Fischereiverein Gronau feierte am 22. sein 50jähriges Bestehen.
MÄRZ
über die neueingeführten Kontaktbeamten der Polizei berichteten wir erstmals am 1. März. Am nächsten Tag richtete die Kreissparkasse Alfeld in einer früheren Tankstelle in Marienhagen eine neue Geschäftsstelle ein. Das überlandwerk Leinetal feierte am 5. sein 75jähriges Bestehen. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Professor Dr. Horst Ehmke, stattete Alfeld und Elze einen Besuch ab. In Folge des Arbeitskampfes in der Druckindustrie erschien unsere Zeitung vom 4. bis 7. nur mit Notausgaben. Über die geplanten Verbesserungen im Bantelner Altenheim informierte sich Sozialminister Schnipkoweit und Landrat Deike. Der Alfelder Rat beschloss nach jahrelangen Vorbereitungen am 9. Februar einen Flächennutzungsplan und war sich über die Erhöhung der Friedhofsgebühren nicht einig. Der Arbeitskampf in der Druckindustrie verschärfte sich, so dass am 15. wieder nur eine Notausgabe unserer Zeitung erscheinen konnte.
Bürgermeister Köbler überreichte dem Geier-Circus Busch-Roland zu Beginn der Saison in einem Weltklasse-Programm die Alfelder Fahne, die den Zirkus nun überall hin begleitet. Wie alljährlich ehrte die Stadt Alfeld eine große Zahl erfolgreicher Sportler mit Stadtmedaillen. Nach 30jährigem Bestehen ging die Volkshochschule Alfeld in der Kreisvolkshochschule Hildesheim auf. Der beginnende Landtagswahlkampf brachte das Problem der neuen Trasse der Bundesbahn-Schnellstrecke in den Vordergrund, über deren Führung in unserem Raum bis zum heutigen Tage noch kein volles Einvernehmen erzielt wurde. Die Realschule Alfeld erhielt Besuch von jungen Franzosen aus Nimes. Sozialminister Schnipkoweit weihte am 31. März Sozialstationen in Alfeld und Gronau ein.
APRIL
Einen Empfang gab die Stadt Alfeld am 5. für den Reichsbund-Landesvorstand. Einen Tag später waren sieben CDU-Bundestagsabgeordnete in Alfeld zu gast. Auf einer großen Wohltätigkeitsveranstaltung des DRK-Kreisverbandes verabschiedete sich Oberstleutnant Hans Herzberg als Dirigent des Heeresmusikkorps 1 Hannover. Auf seiner Wählkampfreise sprach SPD-Spitzenkandidat Karl Ravens am 12. in Alfeld, Delligsen und Elze. In einer Ausstellung des Landkreises Hildesheim in der Kreisstadt war auch der Alfelder Raum hervorragend vertreten. Ein Festkonzert gab der Männergesang verein von 1858 Alfeld anlässlich seines 125jährigen Bestehens zusammen mit den Gesangsabteilungen des MTV Röllinghausen und des Volkschors Alfeld am 15. Für die Alfelder Nordtangente und die Verbreiterung der Leinebrücke wurden erstmals feste Zeitpläne aufgestellt.
Auf der Hannover Messe stellten wieder mehrere Firmen des Alfelder Raums aus wobei die Alfelder Eisenwerke ihre Klärschlammtrocknungsanlage zeigten, die später als Modellversuch vom Bundesforschungsministerium anerkannt wurde. Sein in Eigenarbeit errichtetes Sportheim weihte der Schützenverein Langenholzen am 24. ein. Gespräche mit der Stadt Alfeld und der heimischen Wirtschaft führte Landwirtschaftsminister Erich Küpker, den kurze Zeit später die Wahlniederlage seiner Partei um sein Amt brachte.
MAI
Auf unserer Heimatseite gedachten wir in ausführlichen Artikeln des 125jährigen Bestehens der Eisenbahnlinie Hannover-Alfeld. Am 5. Mai legte Minister Schnipkoweit den Grundstein zum Anbau an das Alfelder Altenheim. Prominenter Wahlkampfredner der FDP war am 12. Mai in Alfeld Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Abgeschlossen wurde die Alfelder Landschafts-, Erholungs- und Fremdenverkehrsplanung, die eine bessere Erschließung der Stadt und ihrer schöngelegenen Ortsteile für die Naherholung vorsieht. Einen offiziellen Besuch stattete erstmalig der Präsident des Regierungsbezirks Hannover, Senger, der Stadt Alfeld ab.Einen modernen Schlauchwagen SW 2000 T erhielt am 26. die Alfelder Freiwillige Feuerwehr.
Elzes Bürgermeister Hermann Schiermann machte für ein beispielhaftes Programm der Kreissiedlungsgesellschaft, den Bau von Mieteigenheimen für Großfamilien, in AIfeld den ersten Spatenstich.
JUNI
Alfelds größter Sportverein, die SVA, feierte ihren 120. Geburtstag. Bei der Landtagswahl am 4. erreichte Ludwig Köbler die absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis und zog damit als Nachfolger von Wilhelm Hinsche in den Landtag ein. Um einen Platz auf der Landesliste verfehlte der CDU-Kandidat Hans-Jürgen Nagel aus Eime dieses Ziel. Ein besonderes künstlerisches Ereignis zur Wiedereinweihung der Alfelder St.-Nicolai-Kirche nach umfangreicher Renovierung und dem Einbau einer neuen Heizung war das Auftreten des Wagner College Chors aus Staten Island New York. Die Festpredigt hielt Landesbischof Eduard Lose. Des 25jährigen Bestehens der Selbstverwaltung in der Allgemeinen Ortskrankenkasse wurde mit einer Festrede des Bundestagsabgeordneten Hermann Rappe am 19. gedacht.
JULI
Mit einem großen Fest und bekannten Stars aus Funk und Fernsehen feierte der Fredener Schützenverein in den ersten Julitagen seinen 75. Geburtstag. Als neuer Obermeister der Bauhandwerksinnung wurde Karl Lampe gewählt. Das Sommerwetter ließ zu wünschen übrig, doch die daheimgebliebenen Alfelder Ferienkinder hatten viel Abwechslung bei Spaß und Spiel mit der Aktion Ferienpass.
Am 6. erhielt Wilhelm Hinsche aus der Hand des Landtagspräsidenten Heinz Müller das Große Verdienstkreuz. Am 8. gab es einen Leckerbissen für die Fußballfans, Fortuna Düsseldorf spielte gegen den FC Alfeld. Ein interessantes Schauspiel konnte man am 12. verfolgen, als das Fernmeldebauamt einen 75 Meter langen Düker in die Leine brachte. Schon Mitte Juni wurde beim Landkreis Hildesheim die Frage diskutiert, wo das dringend benötigte neue Kreishaus hin soll, eine endgültige Entscheidung ist bis heute noch nicht gefallen. Am 15. feierte das Alfelder Postamt in der Bahnhofstraße seinen 50. Geburtstag, zu diesem Fest erhielt es endlich einen freundlichen Anstrich. Das Für und Wider die Anstellung eines eigenen städtischen Forstbeamten war der „Juckepunkt“ der Ratssitzung am 21. Die Mehrheit setzte sich durch, doch blieb die Entscheidung umstritten. Am 26., dem letzten Schultag, lachte sogar die Sonne, doch blieb sie in den Ferien Mangelware. über den Tod von Hermann Ruhe, der mit seiner Tierhandlung Alfeld weltbekannt gemacht hat, berichteten wir am 29.
AUGUST
Vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg plädierte Dr. Gottfried Mahrenholtz für die Einheit des Raumes Alfeld-Delligsen-Duingen. Das Gericht hat seine Entscheidung noch nicht verkündet. Zur ersten Norwegen-Kreuzfahrt der AZ starteten 146 Leser am 6. 250 Teilnehmer aus ganz Europa nahmen an einem internationalen Jugendlager in Delligsen teil. Eine gute Nachricht für die Verkehrsteilnehmer brachten wir am 19: August: An der Ziegelmasch in Alfeld soll ein Radweg angelegt werden. Dagegen entbrannte ein Streit um die Erhaltung der Bäume an der Hildesheimer Straße, die im Einmündungsbereich der Süd-Ost-Tangente neugestaltet werden soll. Gute Fortschritte machten die Bauarbeiten am neuen Alfelder Klärwerk. Zum zehnten Mal feierten die Hirschberger in ihrer Patenstadt Alfeld ihr Heimattreffen, prominenter Festredner war Minister Wilfried Hasselmann. Neben den Berliner Ferienkindern verlebten diesmal auch 76 Hamburger Kinder Ferien in der Jugendherberge Wernershöhe.
SEPTEMBER
Am 1. empfing die Stadt Alfeld wieder einmal Gäste aus der englischen Stadt Wakefield. Auf einer Großkundgebung zum Tag der Heimat sprach am 3. Bundestagsabgeordneter Dr. Herbert Hupka vor dem BdV Kreisverband Alfeld in Buchhagen. 1981 wurde als Termin für den Baubeginn der Nord-Tangente genannt, doch erhoben die Landschaftspfleger noch Bedenken gegen den neuen Plan. Eine lebhafte Diskussion löste unser Artikel über die Raumprobleme der Alfelder Behörden aus. Der Landkreis Hildesheim legte am 12. ein Programm vor, mit dem für die Industrieansiedlung in unserem Kreis im Ausland geworben werden soll. 601 Leser starteten am 15. zu der großen Leserfahrt der AZ.
Mitte des Monats ging für den Textteil das „Bleizeitalter“ zu Ende, die neue Technik des Fotosatzes begann. Im letzten Monatsdrittel war unser Raum wieder einmal Schauplatz großer Manöver. Eimsen feierte sein 800jähriges Bestehen mit einem großen Zeltfest. Am 30. feierte das Alfelder Heimatmuseum seinen 50. Geburtstag, das in mühevoller Arbeit aufpolierte Tiermuseum wurde der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.
OKTOBER
In der Nacht zum 1. vernichtete ein Großfeuer Wohnhaus und Scheune des Röttgerschen Hofs in Freden. 50jähriges Bestehen feierte am 14. der Kirchenchor der Alfelder St. Nicolaigemeinde. Am gleichen Tage wurde das Sportheim in Brunkensen eingeweiht, für das die Sportler 4000 Stunden ihrer Freizeit geopfert hatten. Der neue Springplatz der Alfelder Reiter wurde in Röllinghausen eingeweiht. Höhepunkt eines britischen Manövers war die Vorführung des Einsatzes von Lenkraketen vom Flugzeug aus gegen Panzer. Eine neue Freundschaft knüpfte Alfeld mit dem Niederbayerischen Landkreis Regen an, der schon seit langem zu Hildesheim gute Beziehungen unterhält. Das Modell einer neuartigen Bebauung wurde mit dem Bebauungsplan „Nördlich des Hinsiekweges“ in Alfeld vorgestellt. Starke Kritik am Nachtragsetat des Kreises Hildesheim wurde in der Kreistagssitzung am 27. in Himmelsthür geübt, die über fünf Stunden dauerte und damit ein anschauliches Beispiel für die Unüberschaubarkeit des neuen großen Landkreises lieferte. Der Präsident des Deutschen Tischlerhandwerks, Theodor Ruff war beim Fest der Tischlerinnung aus Anlass ihres 75jährigen Bestehens in Freden zu Gast.
NOVEMBER
Der Alfelder Rat beschloss am 2. einen Einheitswasserpreis für Alfeld und erhöhte in Folge des Baus der neuen Kläranlage den Abwasserpreis. Im Sitzungssaal des Alfelder Rathauses zeichnete Sozialminister Schnipkoweit den DRK-Kreisverbandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Gosemann mit dem Niedersachsen-Orden aus. Lösungsvorschläge für eines der dringendsten Alfelder Verkehrsprobleme stellten wir mit der Veröffentlichung des Bebauungsplanes am Alfelder Bahnhof vor. Die Schwimmer von Neptun Alfeld kehrten von einem erfolgreichen Besuch in England zurück. Am 17. berichteten wir, dass der Abbruch der Ruine der Alfelder Zellstofffabrik nahegerückt ist, voraussichtlich wird sie Anfang des neuen Jahres abgerissen. Das Kuratorium St. Elisabeth rief am 18. alle Bürger zur Erhaltung des historischen Gebäudes auf, das von der Hannoverschen Straße in den Alfelder Stadtkern „umziehen“ soll.
DEZEMBER
Alfelds neuer Bahnhof wurde am 2. eingeweiht. Wenige Tage später wurde der alte Bahnhof in sehr kurzer Zeit abgerissen. Der 8. Dezember brachte auch für den Alfelder Raum die große Glatteiskatastrophe des Jahres. Mit 48,3 Millionen beschloss am 15. der Alfelder Rat einen Rekordhaushalt. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten stellte sich das Alfelder Finanzamt in einem zukunftsgerechten Stand vor. Weihnachtsfreude in vielen Familien verbreitete auch in diesem Jahr das Preisausschreiben des Gewerbevereins und der Alfelder Zeitung.