Trotz schwerer Lasten viel geschafft
Was 1967 in Alfeld geschah und was im neuen Jahr zu erwarten ist
Nach gutem alten Brauch fragen wir an der Schwelle zum neuen Jahr auch diesmal, was das alte Jahr der Stadt Alfeld gebracht hat. Die Frage, ob es gute oder schlechte zwölf Monate waren, lässt sich nicht in einem Satz beantworten. Manche Probleme wurden gelöst, neue zeichnen sich schon am Horizont ab. Wieder einmal zeigte es sich, dass sich die Ereignisse nur in den seltensten Fällen nach der Kalendereinteilung richten. Vieles hat seine Wurzeln schon in lange zurückliegender Zeit, anderes bricht unversehens neu über uns herein.
Wir haben uns ein Jahr lang bemüht, getreue Chronisten des heimatlichen Geschehens zu sein. Einige Ereignisse in unserer Stadt haben über ihre Grenzen hinaus Bedeutung. Dazu rechnen wir in erster Linie den ersten Spatenstich für das neue Gymnasium, der am 12. November erfolgte. über die Stadt hinaus wirkt auf jeden Fall auch ein so großes Ereignis wie das Anlaufen einer riesigen neuen Papiermaschine, über das wir am 7. November berichteten. Für den ganzen Alfelder Raum von Bedeutung ist ferner, dass im Mai ein neues Fernmeldeamt eingeweiht wurde, durch das endgültig der Anschluss an das große Selbstwähl-Fernverkehrsnetz Europas hergestellt wurde. Auch von der Einweihung der neuen Umgehungsstraße über den Perkwall in Alfeld profitieren nicht allein die Alfelder Verkehrsteilnehmer und für die Umgebung der Stadt ist es auch wichtig, wenn die Alfelder Feuerwehr ein neues Löschfahrzeug erhält wie am 12. März. Die Landwirte in einem großen Einzugsgebiet haben ihren Vorteil davon, dass vor den Toren der Stadt in Limmer eine aufs modernste eingerichtete Molkerei ihre Arbeit aufnahm, die allerdings erst im Januar offiziell eingeweiht wird.
Sicherlich wird auch der Wirkungskreis des Altenwohnheims nicht auf Alfeld beschränkt bleiben, zu dem am 3. Oktober der Grundstein gelegt wurde. Weite Kreise zieht gewöhnlich auch der Wechsel an der Spitze einer Behörde, besonders wenn es sich bei dem ausscheidenden Behördenleiter um eine so bekannte und überall hochgeachtete Persönlichkeit wie Oberamtsrichter Carl Stiegemeyer handelt. Ebenso gibt es natürlich in der Nähe Alfelds Ereignisse, die in die Stadt hineinwirken, wie die Einweihung der Reithalle des Postsportvereins in Röllinghausen. Der Ruf Alfelds aber dringt durch das ganze Bundesgebiet, wenn die Damenschützenmannschaft des Schießsportvereins den Titel eines deutschen Meisters erringt, wie wir im September berichten konnten. Patienten aus dem ganzen Kreisgebiet haben ihren Nutzen davon, wenn dem Kreis- und Stadtkrankenhaus eine Schwesternschule angegliedert wird, was in diesem Herbst geschah. Ein so fröhliches Ereignis wie das Heimat- und Schützenfest des Schießsportvereins Alfeld bleibt gleichfalls nicht auf die Stadt beschränkt, sondern zieht in der Nachbarschaft weite Kreise.
Nicht jedes dieser Ereignisse, die wir soeben bunt gemischt noch einmal ins Gedächtnis zurückriefen, können wir hier ausführlich würdigen. Bei einigen aber erscheint es uns angebracht, es nicht mit der bloßen Erwähnung bewenden zu lassen. Schon seit langem nehmen Maschinen den Menschen die schwerste körperliche Arbeit ab. In den letzten Jahren sind wir in das Zeitalter eingetreten, in dem uns Apparate auch bei geistigen Tätigkeiten Hilfestellung in einem Umfange leisten, den man vor kurzem noch nicht vorausahnen konnte. Elektronengehirne werden uns in absehbarer Zukunft von einer ganzen Reihe sich wiederholender Tätigkeiten und Berechnungen entlasten. Das wird den Weg freimachen für den Einsatz des menschlichen Geistes auf vielen anderen Gebieten. Damit fällt der besseren Bildung und Ausbildung eine wichtige Rolle zu. In diesem Zusammenhang muss man fraglos auch die Errichtung eines neuen Gymnasiums in Alfeld sehen. Die Vorarbeiten für seinen Bau dauerten länger, als es manchem lieb war. Man muss jedoch dabei berücksichtigen, dass diese wichtige Aufgabe in einer Zeit angepackt werden musste, als die Wirtschaft den Umschwung von der stürmischen Aufwärtsentwicklung zu normalen Zuwachsraten erlebte. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht von einer Krise sprechen, aber die Schwierigkeiten dieser Umstellung auch nicht verharmlosen.
Auch die heimische Wirtschaft wurde davon betroffen, was sich in steigenden Arbeitslosenzahlen und zunehmender Kurzarbeit dokumentierte. Es war ein Warnschuss für alle, die glauben, die Bäume könnten in den Himmel wachsen. Es ist nicht einfach, in solcher Zeit Geld für ein Projekt locker zu machen, das viele Millionen kostet. Es stellte sich heraus, dass die durch das Krankenhaus schon schwer belastete Stadt Alfeld diese neue Last nicht allein tragen konnte. Aber von den Vertretern der Gemeinden im Kreistag war auch nicht zu erwarten, dass sie sich mit Jubel auf diese neue Aufgaben stürzen. Sie haben z.T. noch ihre eigenen Schulprobleme zu lösen, und bekanntlich ist jedem das Hemd näher als der Rock. In zäher, geduldiger Arbeit einsichtsvoller Kommunalpolitiker wurde schließlich erreicht, dass die Dringlichkeit des Gymnasiumsbaues allen bewusst wurde. Nach Lage der Dinge war nur eine Lösung möglich, bei der die Last auf Kreis und Stadt verteilt wurde. Niemand kann es Alfeld verargen, wenn Rat und Verwaltung dennoch unter den für das Allgemeinwohl zu tragenden Aufgaben stöhnen und sich darum bemühen, dass noch etwas von der Last abgenommen wird. Auch dieses Problem muss man im Zusammenhang mit dem allgemeinen Finanzausgleich und der angestrebten Verwaltungs- und Gebietsreform sehen, über das am Schluss noch ein paar Worte zu sagen sein werden.
Wenn im Zusammenhang mit dem Gymnasiumsbau auch eine Aula und damit ein Festsaal für die Öffentlichkeit errichtet wird, haben davon gleichfalls nicht nur die Alfelder, sondern auch die Einwohner seiner Randgemeinden ihren Nutzen. Es zeigte sich im abgelaufenen Jahr sehr deutlich, dass ein großer Saal für Veranstaltungen aller Art fehlt.
Sicherlich ist es zu begrüßen, dass der Kaiserhofsaal renoviert wurde. Ohne Zweifel werden nun wieder mehr Veranstaltungen in Alfeld stattfinden, die nicht zuletzt auch wegen der hohen Saalmiete, die inzwischen herabgesetzt wurde, nach außerhalb verlegt wurden. Viele kulturelle Veranstaltungen fanden im Saal der Papierfabrik einen schönen und würdigen Rahmen, als Säle mittlerer Größe bewährten sich auch das Lutherhaus und die Aula der kaufmännischen Berufsschule. Wie aber sind Städte wie Gronau zu beneiden, die eine Aula mit einer richtigen Bühne besitzen, auf der auswärtige Theater gern gastieren. Dass es so etwas künftig auch für Alfeld geben muss, bedarf keiner Frage. Stadt und Kreis Alfeld verdienen auch Dank dafür, dass sie die gegenwärtige Raumnot des Gymnasiums im Sommer durch die Aufstellung eines Pavillons mit vier weiteren Klassenräumen auf dem Hof der Realschule linderte. Auf den Bau des Gymnasiums warten mit Schmerzen bekanntlich auch die anderen Alfelder Schulen einschließlich der Realschule, die dann das Pavillongebäude gut gebrauchen kann. Am meisten aber sehnt den Umzug des Gymnasiums wohl die Schulrat-Habermalz-Schule herbei, die von allen Alfelder Schulen gegenwärtig am stärksten unter unzulänglichen Raumverhältnissen zu leiden hat.
Mit großer Wärme ist unsere Zeitung stets für den Bau des Altenwohnheims eingetreten, sie zählt sicher mit zu den Anregern dies Bauvorhabens. Auch hier bedurfte es langwieriger Verhandlungen, ehe der Grundstein in einer schlichten, aber sehr schönen Feier gelegt werden konnte. Nichts ist sehnlicher zu wünschen, als dass im neuen Jahr dieses Bauwerk gute Fortschritte macht. Man sollte rechtzeitig Überlegungen darüber anstellen, ob sich die räumliche Nähe zum Krankenhaus nicht auch in organisatorischer Hinsicht für die Betreuung und vielleicht auch die Verpflegung der Heimbewohner nutzen lässt.
Vergessen wir über den Neubauten nicht, dass manches altvertraute Alfelder Bauwerk nicht mehr steht. Nicht jedem braucht man freilich eine Träne nachzuweinen. So wohnte sicherlich niemand allzu gern in der tiefgelegenen alten ÖI- und Grützemühle des Rates an der Winzenburger Straße. Den Wasserturm am Bahnhof, der gleichfalls abgerissen wurde, wird man ebenso wenig vermissen wie die alten Baracken des Konsums an der Bornstraße, die inzwischen dem Wochenmarkt Platz gemacht haben. Nach seinem Brand war auch das Grotesche Haus am Burgwall keine Zierde des Stadtbildes, und es verschwand im Oktober mit Recht. Schade ist es dagegen um manchen alten Baum, wie die alte Linde auf dem Normannplatz und vor allem die wunderschöne Linde hinter der Pädagogischen Hochschule, für deren Erhaltung wir vergeblich eintraten. Der neuen Perkwallstraße musste eine schöne Buche Platz machen.
Doch wenden wir uns wieder Erfreulichem zu. Am 23. August wurde der erste Spatenstich für 113 Mietwohnungen im Beispielsprogramm auf dem Sindelberg gemacht, hoffentlich wird auch mit dem Bau der geplanten über 70 Eigenheime bald begonnen. Zügig wurde in einem Jahr das neue Gemeindezentrum „Friedenskirche“ im Baugebiet An den Steinköpfen errichtet, das am Reformationstag eingeweiht wurde.
Die Alfelder haben sich wahrscheinlich inzwischen an die neuen Rufnummern gewöhnt, die die Einweihung des neuen Fernmeldeamtes im Katthagen mit sich brachte, mit dem die Post einen weiteren und lange erwarteten Schritt zur Rationalisierung des Alfelder Fernsprechverkehrs tat. Eine Bauaufgabe für die Zukunft ist noch die Errichtung einer neuen katholischen Kirche, da die jetzige St. Marienkirche baufällig ist und eines Tages abgerissen werden muss. Dagegen wurde beim Bau der neuen Kraftfahrzeugbetriebsstelle der Post an der Hannoverschen Straße mit dem Richtfest im September ein wichtiger Abschnitt erreicht.
Noch in frischer Erinnerung ist allen die Einweihung der Alfelder innerstädtischen Umgehungsstraße, die in ihrer ganzen Länge nun mehr Perkwall heißt. Schon vor Jahren hatten wir auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht, den immer stärker Verkehr durch die Leinstraße auf diese Weise zu verringern. Zusammen mit der Straße im Wambeck verfügt Alfeld nunmehr über zwei wichtige Verkehrsadern, die eine endgültige Verstopfung der Innenstadt verhinderten. Erfreulich ist es, dass im kommenden Jahr nun auch ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang gelöst werden soll, nämlich die dem Verkehr angemessene Gestaltung der Kreuzung am neuen Sparkassengebäude Alfeld-Ost, das übrigens gleichfalls zu den bedeutsamen Gebäuden zählt, die im letzten Jahr vollendet wurden. Damit wird ein weiterer Schritt zur Erfüllung der Maßnahmen getan, die schon im Jahre 1966 im Generalverkehrsplan der Stadt als klar umrissene Zukunftsaufgaben abzulesen waren.
Ein bedeutsamer Wechsel wird sich an der Spitze der Stadtverwaltung vollziehen, wenn in wenigen Wochen Stadtdirektor Dr. Siegmund in den Ruhestand treten und der im Juni gewählte Dr. Christoph Toetzke seinen Posten einnehmen wird. Aber auch die Gemeindeparlamente und der Kreistag werden durch die Neuwahlen im Sommer ihr Gesicht verändern. Zum ersten Mal müssen wir in einem Jahresrückblick die Frage aufwerfen, ob Alfeld überhaupt Kreisstadt bleiben wird. In vielen Diskussionen warf die geplante Verwaltungs- und Gebietsreform ihre Schatten voraus, und in manchen Plänen war der Landkreis Alfeld als selbständige Verwaltungskörperschaft bereits von der Landkarte verschwunden. Wir werden uns mit dieser Frage sicher noch oft zu befassen haben. Wenn wir für den Fortbestand des Kreises Alfeld mit allem Nachdruck eintreten, so tun wir das nicht aus engstirnigem Lokalpatriotismus.
Mit vielen verantwortlichen Frauen und Männern unserer Heimat teilen wir die Auffassung, dass die Selbstverwaltung der Gemeinden und Kreise in einem Rahmen erhalten werden muss, der die echte aktive Mitarbeit des Bürgers noch ermöglicht. Allen Einsichtigen ist klar, dass dies nur in überschaubaren Verhältnissen geschehen kann. Kein Mensch wird sich gegen eine möglichst weitgehende Rationalisierung der Verwaltung wehren. Sie darf aber nicht so weit gehen, dass sie die Mitarbeit des Bürgers an den allgemeinen Aufgaben unmöglich macht.
Wir sehen auch wenig Sinn darin, seit Jahrzehnten bewährte Verwaltungseinheiten aufzugeben, um an anderer Stelle einen ähnlichen, vielleicht größeren aber auch schwerer erreichbaren und mit den örtlichen Problemen nicht mehr vertrauten Apparat aufzuziehen. Wieder einmal ist die Neigung bedenklich groß, das angeblich souveräne Volk vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Wir fassen es als unsere Aufgabe auf, in dieser Hinsicht sehr wachsam zu sein. Voraussetzung für das weitere Gedeihen unserer Heimat sind neben einer gut funktionierenden Wirtschaft alle Maßnahmen, die Bildung und Ausbildung den veränderten Zeitverhältnissen anzupassen. Auch diesen Fragen werden wir wie bisher größte Aufmerksamkeit widmen.
Allen unseren Lesern wünschen wir für das kommende Jahr Glück und Zufriedenheit, unserer Heimat weiteres Blühen und gedeihen!