Als König Ernst August von Hannover am 14. März 1845 auf Antrag des lnnenministeriums genehmigt hatte, dass technische Untersuchungen und Kostenanschläge für eine etwa zu beschließende Anlegung einer Eisenbahn“ nach der südlichen Landesgrenze durch Offiziere der Armee vorgenommen würden, war Alfeld ein kleines Landstädtchen, das über seine mittelalterliche Größe kaum hinausgewachsen war. Seine Bewohner lebten zumeist von der Landwirtschaft und trieben ein wenig Handel mit den benachbarten Dörfern, mit Hannover, Bremen, Ostfriesland und dem Vorharzgebiet.
Noch im Jahre 1845 begannen umfangreiche Untersuchungen über die mögliche Streckenführung. Das mit dem Eisenbahn- bau v erfolgte Ziel bestand nicht nur in der verkehrlichen Erschließung der südhannoverschen Landesteile, sondern auch in der Schaffung einer Verbindung zwischen dem in Nord- und Süddeutschland bereits vorhandenen Streckennetz. Andererseits durfte aber auch die Ertragsfähigkeit der Bahn nicht unbeachtet bleiben. Zu diesem Zwecke wurden Erkundigungen bei Lohnkutschern, Gastwirten, Fuhrleuten und Handwerkern, bei Landwirten und Kaufleuten, bei den Erhebern städtischer Octroi-, Accise-, Brücken-, Pflaster- und Weggelder angestellt, um aus dem bisherigen Verkehrs- und Gebühren- aufkommen Anhaltspunkte für den Umfang des zukünftigen Personen- und Güterverkehrs und der erzielbaren Fahrpreis- und Frachteinnahmen zu erhalten.
Alfelds damaliger Bürgermeister Eggers konnte jedenfalls eine Fülle von Angaben über die Wirtschaft der Stadt und seiner Umgebung zusammentragen und weiterleiten.
Nach Abschluss dieser Vorerhebungen waren konkretere Planungen möglich, und Grundstücksabtretungen konnten geregelt werden. Die Stadt selbst stellte zum Bau der Eisenbahn auf der Neuen Wiese, Hackelmasch und Vormasch 14 Morgen, 90 Ruten Grund und Boden zur Verfügung und erhielt dafür 6624 Taler, 6 Groschen und 10 Pfennige. Die für den Bahnhof vorgesehenen Grundstücke, nämlich einen Garten beim Neuen Krug von 101,2 Quadratruthen und einen am Bach liegenden weiteren zu 20,8 Quadratruthen trat die Stadt der Eisenbahnverwaltung zu freiem Eigentum unentgeltlich ab. Nach intensiver Bautätigkeit, die am 18. 8. 1851 auf dem Weinbergsfelde begonnen hatte und in den letzten Monaten vor der Fertigstellung des 1. Streckenabschnitts mit Genehmigung der Stadt Alfeld auch an Sonntagen nicht unterbrochen wurde, war es im Jahre 1853 schließlich so weit. Die Eisenbahndirektion in Hannover hatte zu einer Eröffnungsfahrt eingeladen, die am 30. April um 12.00 Uhr in Hannover begann. Den festlich geschmückten und aus neuen Waggons bestehenden Zug, den ein Musikkorps begleitete, begrüßte an allen Stationen und Haltepunkten eine Vielzahl von Gästen und Zuschauern. Die betreffenden Staats- und Gemeinde beamten brachten jeweils die freudigen und dankbaren Gefühle der Bewohner ihrer Bezirke zum Ausdruck und der Minister des Innern, Freiherr von Hammerstein erwiderte stets auf das Freundlichste. In Alfeld, das um 2 1/2 Uhr erreicht wurde, schloss eine aus Bahnschwellen und Baugerätschaften hergestellte Ehrenpforte den damals noch unfertigen Bahnhof zum Süden hin ab. Am Tag darauf, dem 1. Mai 1853, begann der reguläre Zugbetrieb von Hannover nach Alfeld, und am 15. August traf dann auch die königliche Familie zum ersten Mal auf dem neuen Haltepunkt ein. Dem Publikum standen zunächst täglich zwei Dampfzüge hin und zurück zur Verfügung. Mittwochs und sonnabends fuhr je ein „Marktzug“ nach Hannover.
Als 15 Monate danach, am 31. Juli 1854, der Streckenabschnitt von Alfeld nach Göttingen in Betrieb genommen werden konnte, war die Anbindung Alfelds an das damalige Eisenbahnnetz erst vollkommen. Die Stadt entwickelte sich von einer Ackerbürgerstadt zu einer Industriestadt. Fabriken und Mühlen siedelten sich an. Betriebe zur Herstellung von Papier, landwirtschaftlichen Maschinen und Schuhleisten sowie Ziegeleien und Eisengießereien ließen Alfeld zur industriereichsten Stadt zwischen Hannover und Göttingen werden.
Die vorhandenen baulichen Anlagen des Bahnhofs reichten um die Jahrhundertwende nicht mehr aus, um den gestiegenen Ansprüchen der Industrie gerecht zu werden. Deshalb kamen im Jahre 1903 die unzulänglichen Verhältnisse durch den Landtagsabgeordneten Lüders, Eberholzen, sogar vor dem preußischen Abgeordnetenhaus zur Sprache.
Der Alfelder Bahnhof erfuhr in dieser Zeit einige Veränderungen. So wurden der Güterschuppen und die Ladegleise er weitert, das Bahnhofsgebäude mit einer zweiten Uhr versehen, der Fahrkartenschalter aus einer Ecke an die Seiten wand der Empfangshalle verlegt und eine Gepäckausgabe eingerichtet. Einen Engpass gab es auch bei der Bahnhofs- wirtschaft. Der Wirt wohnte wegen Raummangel in einem anderen Stadtteil und war deshalb insbesondere im Winter kaum in der Lage, zum Frühzug Kaffee bereitzuhalten.
Der erste Fahrplan für die Hannoversche Südeisenbahn, veröffentlicht im Wochenblatt der Stadt Northeim vom 29. Juli 1845. |
Immerhin wurden im Jahre 1902 insgesamt 96 516 Personen befördert, 96188 Tonnen Empfangsgut und 50845 Tonnen Versandgut umgeschlagen sowie 639 913 Mark Einnahmen erzielt. Insgesamt 91 Züge konnten die Stecke innerhalb von 24 Stunden befahren.
Seither hat sich im Bahnhof einiges verändert. Die Dampfzüge gehören längst der Vergangenheit an. Seit dem 2. Mai 1963 wird die Strecke elektrisch befahren und der Zuglauf durch ein modernes Gleisbildstellwerk gesteuert. Die damalige Belegung der Strecke mit 140 Zügen je Tag und Richtung und die von den Reisezügen gefahrenen hohen Geschwindigkeiten machten modernste Signal- und Oberbautechnik erforderlich.
Fahrzeiten zwischen Hannover und Alfeld
Im Jahre 1853: 1 Std. 50 Min
im Jahre 1979: D- und E-Züge 32—36 Min
Nahverkehrszüge ca. 45 Min
Im Jahre 2003: PC-Züge 31 -35 Min
Regionalexpress (RE) 38 — 42 Min
Regionalbahn (RB) 43 — 49 Min
Auch das im Jahre 1857 errichtete Empfangsgebäude des Bahnhofs entsprach nicht mehr den Erfordernissen einer modernen Bahn und wurde Ende 1978 wegen Baufälligkeit abgerissen.
Die Bauarbeiten für den Neubau begannen im August 1977. Das Richtfest erfolgte am 17. 03. 1978 und am 02. 12. 1978 konnte das neue Bahnhofsgebäude in Betrieb genommen werden. Das neue Gebäude ist entsprechend den heutigen Bedürfnissen wesentlich kleiner als sein Vorgänger. Das eingeschossige Gebäude, das mit einem Flachdach versehen und teilweise unterkellert ist, weist eine Länge von 28 m und eine Tiefe von etwa 16 m auf und enthält das Reisezentrum der Deutschen Bahn AG, einen Kiosk zur Versorgung der Reisenden und eine öffentliche WC-Anlage. Die Gesamtbau kosten lagen bei 600.000 DM.