Gewerbebetriebe

Weisig Maschinenbau

Johann Weisig (1895 – 1959) gründete 1921 einen Schlossereibetrieb in Lodz, Polen. Im Mai 1939 legte er vor der polnischen Handwerkskammer in Lodz die Meisterprüfung als Schlosser ab. Arn 18. Januar 1945 erfolgte eine vollkommene Enteignung durch die polnischen Behörden sowie ein Jahr Zwangsarbeit in Russland. Zu diesem Zeitpunkt gehörten schon Fahrzeuge zu seinem Fertigungsprogramm.

Im Dezember 1946 erfolgte die Übersiedlung nach Roloven bei Hannover. Lediglich mit einem Flüchtlingshandgepäck ausgestattet musste Johann Weisig von Grund auf neu beginnen. Am 29. September 1947 wurde nach anfänglicher Ablehnung die Erlaubnis zur Neuerrichtung eines Schlosserbetriebes durch den Landkreis Hannover erteilt.
In den Jahren 1948 bis 1954 entwickelte sich der Umsatz von 4.000 DM auf 188.000 DM, die Beschäftigten-zahl stieg vom Einmannbetrieb auf zwölf Personen. Aus dieser Zeit stammt das noch heute geführte eingetragene Warenzeichen „WEIRO“, das Weisig/Roloven bedeutet.

1949 erfolgte durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr in Hannover die Zuweisung einer Werkraumhalle von 170 Quadratmetern nebst eines An-baus von 68 Quadratmetern auf dem Gelände des Kaliwerks „Desdemona“ in Godenau. Ein wichtiges Datum aus dieser Zeit ist das Jahr 1952, als der allererste WEIRO Bau- und Mannschaftswagen an das Gartenbauamt der Stadt Hannover verkauft wurde. 1956 beschäftigte die Firma bereits 48 Mitarbeiter.
Es gelang bald, mit „Leo ross“ einen Baugerätehändler als Kunden zu gewinnen, der in ganz Deutschland in mehreren Niederlassungen tätig war. Auf Grund der damit einsetzenden positiven Firmenentwicklung wurden die gemieteten Räumlichkeiten in Godenau schnell zu klein. Also hat sich Johann Weisig nach geeigneten Flächen umgeschaut und sogar eine Verlagerung des Betriebes ins Grenzland bei Bad Lauterberg erwogen. Schließlich fand er geeignete Flächen in einer aufgegebenen Kiesgrube in Dehnsen. 1957 und 1958 wurde auf den nunmehr gekauften Flächen ein modernes Bürogebäude sowie die erste Produktionshalle von 2000 Quadratmetern mit eigenen Kräften errichtet.

1959 verstarb der Firmengründer Johann Weisig. Damit gingen die Geschicke der Firma auf Siegfried Weisig (1923 – 1986) über. Das Produktionsprogramm bestand zu diesem Zeitpunkt bereits aus Baustellenwagen und sogenannten „Teermaschinen“ für den Straßenbau, deren Produktion im Jahre 1959 aufgenommen wurden.
Außerdem beschäftigte sich die Firma zu der Zeit mit Stahlkonstruktionen. Die Kenntnisse aus dem Bau der eigenen Halle konnten so auch für den Bau der Stahlkonstruktion der Nikulka-Sporthalle 1959 in Alfeld genutzt werden, die von der Firma Weisig errichtet wurde.
1960 wurde in Dehnsen eine weitere Produktionshalle errichtet und die Fertigung von Godenau vollständig nach Dehnsen verlagert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma bereits 110 Mitarbeiter. In den folgenden Jahren wurden zwei weitere Hallengebäude errichtet.

1972 erweiterte Siegfried Weisig das Produktionsprogramm um „Wohncontainer“, modulare Raumzellen, die durch seitliches Aneinanderreihen und Übereinanderstapeln die Errichtung mobiler Bauten für verschiedenste Zwecke ermöglichten. Als Folge der Produktausweitung wurden die räumlichen Verhältnisse abermals zu eng und es wurde eine weitere Produktionshalle mit den Maßen 40 mal 80 Meter gebaut, die 1973 in Betrieb genommen wurde.

Zur Auslieferung bereite Bauwagen auf dem ehemaligen Desdemona-Gelände in Godenau. Im Hintergrund rechts die ehemalige Montagehalle

In Dehnsen entsteht der Neubau, 1957

1960er Jahre – Neubau Halle

1958 – Gesamtansicht Halle

       

In diesen Jahren wurde das Absatzgebiet auf das Ausland ausgeweitet, nachdem bereits in den frühen 1960er Jahren erste Anfänge des Exportgeschäftes unternommen worden waren. So wurden zahlreiche Wohncamps in Containerbauweise beispielsweise nach Belgien sowie in den Irak oder auch nach Saudi-Arabien versandt. Das wohl spektakulärste Containerprojekt war aber zweifellos die Lieferung des Wohncamps während des Baus der Alfred-Wegener-Forschungsstation auf dem Schelfeis der Antarktis im Jahre 1980.

Als Siegfried Weisig 1986 starb, gingen die Geschicke der Firma an seine Söhne und damit an die dritte Generation über: Dipl.-Ing. Gunter Weisig, Dipl.-Ing Sigurd Weisig und Dr. Volker Weisig erneuerten das Produktionsprogramm in allen Bereichen und stärkten die Stellung der Firma im Markt. Mit dem Fall der Mauer 1989 ergaben sich dabei neue geschäftliche Perspektiven und Chancen. Zum einen vergrößerte sich das Absatzgebiet auf das Gebiet des ehemaligen kommunistischen Ostblocks. Diese Chancen galt es zu nutzen. Zum anderen wurde 1991 mit einem ostdeutschen Betrieb ein Joint-Venture gegründet: Mit der Tochterfirma HBU GmbH in Wittenburg wurde die Bauwagenfertigung um einen zweiten Standort erweitert.

1991 war auch aus einem weiteren Grund ein für die Firmenentwicklung entscheidendes Jahr. So konnte das Maschinenprogramm der Firma Pietsch aus Laatzen, der bis dahin ein starker Wettbewerber war, übernommen werden. Dieses moderne Produktionsprogramm an Straßenbaumaschinen in Verbindung mit den neuen Märkten Osteuropas und Südostasiens beeinflusste in den folgenden Jahren die Entwicklung der Firma stark.
Neben modernen Spritzmaschinen wurde von Pietsch das Know-how auch für einen neuen Maschinentyp erworben, den Kaltasphalt-Verlegemaschinen. Diese neue Technologie fand 1991 auch in China großes Interesse, so dass 1992 ein Kooperationsvertrag mit einem chinesischen Hersteller abgeschlossen wurde. Dieser Baumaschinenproduzent produzierte von 1991 bis 98 WEIRO Kaltasphalt-Verlegemaschinen und öffnete so für die Firma Weisig den chinesischen Markt.

Wichtige Produktentwicklungen der jüngsten Vergangenheit waren zum einen im Jahr 1992 eine neue Generation von selbstfahrenden Spritzmaschinen, die Baureihe „TM“ und, im Jahr 1997, eine neue Generation Baustellenwagen, Typ „SINUS“. Beide Produkte gaben der Firma entscheidende Wachstumsimpulse sowohl auf dem Inlandsmarkt als auch in unterschiedlichen Exportmärkten.
Heute beschäftigt die Firma etwa 65 Personen und hat einen Exportanteil von über 50 Prozent. WEIRO Baustellenwagen werden in ganz Deutschland, aber auch in Schweden, Holland, Belgien. Luxemburg, Österreich und der Schweiz verkauft. In Litauen werden sie seit dem Jahr 2007 in Lizenz gefertigt und von dort in die angrenzenden Länder Osteuropas geliefert. WEIRO Straßenbaumaschinen haben Abnehmer in ganz Europa sowie im Mittleren Osten, in Russland, China und Südostasien. WEIRO Container sind unter anderem als Steuerkabinen für Asphaltmischwerke gefragt und gehen mit diesen Anlagen in die ganze Welt.

Quelle: Von Alfeld in die Welt – Alfelder Industriegeschichte – herausgegeben vom Alfelder Industrieverein 2008

Luftaufnahme 1958 aus Richtung Nord-Ost. Die Halle I ist fast fertig errichtet, die selbstgefertigten Tore sind noch nicht eingebaut. Die Umgebung des Gebäudes ist rundum noch völlig unbefestigt. Um Raum zu schaffen für die geplante Halle II ist eben begonnen worden, den Berg (oben: Gewand „Am Schiefen Kampe“ ) abzutragen. Am Bildrand unten Mitte sieht man den „Kolk“, der zum Teil schon zugeschüttet ist. Alte Dehnser werden sich noch daran erinnern, dass im Kolk leckere Aale in Reusen gefangen werden konnten.

Gleiches Motiv von Ost. Hier erkennt man, dass der Zipfel Land zwischen Straße und Eisenbahn damals noch den Dehnsern als Gartenland gedient hat.

Luftbild von 1959 über den „Frohberg“ und den „Schiefen Kamp“, das Altdorf und die Feldmark zum Külf. Der Schiefe Kamp ist bis auf den Neubau Piltz noch völlig unbebaut, auch die Häuser im oberen Teil des „Hilmensiek“ sind noch nicht erbaut. Die „Lange Straße“ ist ebenfalls noch nicht vollständig bebaut. In der Firma ist die Produktion ein Jahr vorher aufgenommen worden, gleichzeitig wurde mit dem Abtrag des Berges begonnen. Die terrassenförmige Abbaggerung kann man sehr schön erkennen.

Am gleichen Tag wie das vorherige Bild aufgenommen, Luftbild von Süden. Der terrassenförmige Abbau des Berges ist noch besser zu erkennen, ebenso der Neubau Piltz. Der Aushub vom Berg wird nördlich der Halle I gelagert um das Niveau für die Halle III zu schaffen. Östlich, und südlich des Bürogebäudes ist der Hof betoniert.

       

Blick von Halle I nach Süden. Die Abbaggerung ist fast fertig, im Bild sind die Maschinen, mit denen der Bau der neuen Halle bewerkstelligt wurde, schön zu sehen: Seilbagger Krupp-Dolberg, Muldenkipper (Eigenbau), den Osterfeuer-Erbauern ab 1965 sehr gut bekannt (Muli), Allrad-Kipper Marke Borgward. Der „Galgen“ im Mittelgrund hinter dem Bagger gehört zu einem Gabelstapler, mit dem mit Beton gefüllte Kübel zu den Schalwänden transportiert wurden.

Luftbild aus Süd-Ost. Ca. 1963. Mittlerweile sind die Hallen II und III fertig gestellt und in Benutzung. Die Hofbefestigung ist vollständig. Im Mittelgrund des Bildes sieht man im Berg die Lücke, die bald darauf die Halle IV ausfüllen wird. Auf dem „Schiefen Kampe“ sind von Norden her die ersten Häuser errichtet, die heute falsch geschriebene Straße „Schieferkamp“ ist noch unbefestigt. Auf dem Berg steht außerdem ein „Schrapper“ aus dem Braunkohletagebau, der den Berg abtragen helfen sollte, der aber nie in Betrieb war und später verschrottet wurde.

Prototyp 1 des „Mobilbungalow“. Bevor man die heute überall herumstehenden „Container“ kannte und baute, hatte die Fa. Weisig schon Überlegungen angestellt, wie man die Technologie der Bauwagen auch auf den (Wochenend-)Hausbau übertragen konnte und die Prototypen für den Mobilbungalow gebaut. Diese besaßen ein flaches Dach und konnten, mit einem unterschiebbaren Fahrgestell, schnell transportiert werden, ohne dass man ihnen die Herkunft vom Bauwagen ansah.

Prototyp 2 des Mobilbungalows. Dieses Modell besaß ein überkragendes Dach mit Holzattika, eine Tür und zwei Fenster; nach unten war der Metall-Rahmen durch die umlaufende Holzblende verdeckt. Dieses Exemplar diente viele Jahre lang (bis 1983) der Dorfjugend als private Diskothek bzw. Partyraum. (scherzhafter Name: Bums…) Aber: Hony soit, qui mal y pense

       

Zwei kleine Anmerkungen zum Text des letzten Bildes, unten rechts:

1. Hony soit qui ma y pense ist der Text auf dem englischen Hosenbandorden, den der englische König Edward III gestiftet haben soll, nachdem die Höflinge sich über eine Hofdame lustig gemacht hatten, deren Strumpfband verrutscht und damit zu sehen war. Danach trugen die Herren das Strumpfband mit Stolz. Der Text heißt auf Deutsch: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

2. Im sog. „Bums …“ wurde k e i n Alkohol ausgeschenkt, das musste man damals dem Herren versprechen, der den Mobilbungalow zu Verfügung stellte. Es wurde sich daran gehalten. Am ersten Abend, als die Diskothek eröffnet hatte, standen einige Dehnser mit Ferngläsern auf dem Parkplatz am Ende des sog. Schieferkamps und beobachteten das ganze Treiben.
Im Ernst!!! So streng waren damals die Sitten …